Eine Rezension zu:
Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch: BGB
Band 2: Schuldrecht Allgemeiner Teil I (§§ 241 – 310 BGB)
Kommentar
10. Auflage 2025, Buch, XLV, 2015 S. Hardcover (In Leinen), 209,00 Euro inkl. MwSt.
- nur als Gesamtwerk beziehbar –
ISBN 978-3-406-81022-0
Redakteur: Prof. Dr. Wolfgang Krüger, Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof a.D.
Mit dem nunmehr erschienenen Band 2 des Münchener Kommentars zum Bürgerlichen Gesetzbuch wird die 10. Auflage dieses renommierten Großkommentars fortgesetzt, dessen Kommentierungen Details enthalten, die in kürzeren Kommentierungen zu kurz kommen müssen oder nicht relevant sind.
Das seit der Vorauflage auf 13 Bände angelegte Werk wird voraussichtlich im Jahr 2026 komplett vorliegen. Die Kommentierung erfolgt seit der Vorauflage in einem dreijährigen Turnus erfolgen, was auch sinnvoll ist, weil auch das Zivilrecht ständigen Veränderungen unterliegt, wie der schon der erste Band eindrucksvoll gezeigt hat.
Der bereits von der ersten Auflage an hochgepriesene Münchener Kommentar vereint in 13 Bänden das gesamte Bürgerliche Recht mit den wichtigen Nebengesetzen in einer geschlossenen, aufeinander aufbauenden Darstellung, die europarechtliche und internationale Bezüge intensiv einbezieht. Die Interdependenzen zu anderen Rechtsgebieten werden immer größer!
Die Kommentierungen sind einheitlich aufgebaut. Sie beginnen mit einer Herausarbeitung des Normzwecks und einer rechtlichen Einordnung, gehen dann auf die Tatbestandsmerkmale im Detail ein und weisen viele Querverweise zu anderen Erläuterungen auf. Rechtsprechung und Literatur sind auf einem hohem Niveau so vollständig wie möglich ausgewertet, was Kritik der Autoren nicht ausschließt. Die Strukturierung erhöht den Praxisnutzen dieses einflussreichen Großwerkes, das vom BGH und den Instanzgerichten durchgehend berücksichtigt wird.
Es handelt sich um eine Kommentierung, die vertiefte Informationen bietet, die nicht überall in dieser Form präsent sind. Die neueste Rechtsprechung und die dazu erschienene Literatur wird auf Hintergründe hin analysiert. Es handelt sich um eine Kommentierung für Nutzer, die es entweder “genau wissen wollen” oder es genau wissen müssen.
Mit der 8. Auflage wurde der bisherige Band 2 zum Allgemeinen Schuldrecht zur leichteren Handhabung in zwei Bände geteilt. Dadurch erhöht sich die Zahl der Bände, jedoch nicht der Seitenumfang für das Gesamtwerk.
Die Kommentierungen bieten insbesondere für schwierige Problemfälle – die nicht so selten sind – einen hohen Praxisnutzen, bei einer seit der Erstauflage anhaltenden, hohen wissenschaftlichen Reputation. Die Kommentierung ist bekanntlich auch eine sehr verlässliche Zitatquelle.
Für die 10. Auflage wurde Band 2 insgesamt vollständig überarbeitet und auf den aktuellen Stand von Mai 2025 gebracht. Die Kommentierungen erfolgen vor dem Hintergrund, dass eine Kommentierung im Jahr 2025 stets eine Kommentierung vor der nächsten Gesetzesänderung ist, so dass das BGB immer mehr von ursprünglichen Glanz einbüßt, nachdem es Vorschriften enthielt, die Jahrzehnte “gehalten” haben. Demgegenüber ist die heute Gesetzgebungspraktik überwiegend von Hektik geprägt. Eine Kommentierung hat heute insbesondere die Aufgabe aus einer Anhäufung von unübersichtlichen, verordnungsgleichen Normen einen Gesamtzusammenhang herzustellen, der in Form eines beweglichen Systems die aktuelle Rechtslage auf eine Bestandsaufnahme bringt.
Der Band 2 geht insbesondere auf folgende Entwicklungen ein:
- er kommentiert sachkundig die Kernvorschriften des allgemeinen Leistungsstörungsrechts in den §§ 275 ff. BGB unter Berücksichtigung der aktuellen Diskussion im Schrifttum mit den Grundtypen Nichterfüllung und Schlechterfüllung
- er behandelt die positive Vertragsverletzung, die culpa in contrahendo und die Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage, jeweils mit gewohnt fundierter Kommentierung
- hochaktuell: die neueste Rechtsprechung zum Schadensersatzrecht ist vollständig eingearbeitet, insbesondere zur Werkstattreparatur von Kfz
- er berücksichtigt die Besonderheiten aufgrund der Pandemie-Gesetzgebung, insbesondere durch Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht.
Die vollharmonisierende Umsetzung der RL (EU) 2019/771 (sog. Warenkauf-RL) führt zu zahlreichen Änderungen, die die Erläuterungen weiter intensiv beschäftigen:
- Einführung einer Aktualisierungsverpflichtung für Sachen mit digitalen Elementen,
- neue Sonderbestimmungen für Sachen, für die eine dauerhafte Bereitstellung digitaler Elemente vereinbart ist,
- neue Sonderbestimmungen für die Rückabwicklung des Kaufvertrags nach Rücktritt,
- besondere Anforderungen an die Vereinbarung einer Abweichung von objektiven Anforderungen an die Kaufsache,
- Verlängerung der Beweislastumkehr bei Mängeln
- ergänzende Bestimmungen zu Garantien.
- kommentiert sachkundig die Kernvorschriften des allgemeinen Leistungsstörungsrechts in den §§ 275 ff. BGB unter Berücksichtigung der aktuellen Diskussion im Schrifttum mit den Grundtypen Nichterfüllung und Schlechterfüllung
- behandelt die positive Vertragsverletzung, die culpa in contrahendo und die Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage, jeweils mit gewohnt fundierter Kommentierung.
Die 10. Auflage steht ganz im Zeichen der Digitalisierung. So ist die neue europäische KI-Verordnung einzuarbeiten, was die Mängelhaftung im Allgemeinen Schuldrecht betrifft. Eingearbeitet sind ferner Legal Tech-Entscheidungen und neues EU-Recht. Die Ausführungen zum digitalen Euro wurden erweitert. Die Gesetzesänderung im AGB-Recht durch das Zukunftsfinanzierungsgesetz wird ausführlich kommentiert (neue Bereichsausnahme zum Unternehmergeschäft zwischen Finanzdienstleistern in § 310 Abs. 1a BGB).
Zahlreiche Vorschriften über die Vertragsmäßigkeit der Leistung des Unternehmers sowie die Rechte des Verbrauchers bei Schlechtleistung (Nacherfüllung, Vertragsbeendigung und Minderung) werden eingefügt und angepasst mit dem Ziel einer Vollharmonisierung im europäischen Binnenmarkt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass idR Problemstellungen aus dem Besonderen Schuldrecht unter Rückgriff auf das Leistungsstörungsrecht der §§ 275 ff BGB gelöst werden müssen und daher erhebliche Rückbezüglichkeiten bestehen.
Die Kommentierungen sorgen für Klarheit und Aktualität und sind mit größtmöglicher Sorgfalt und Präzision abgefasst worden.
Die vorzügliche Einleitung zu diesem Band gibt einen profunden Überblick über die aktuellen Entwicklungen vor dem Hintergrund der Gesetzgebungsgeschichte und verortet das Schuldrecht in der Rechtsordnung, entfaltet die Grundbegriffe vor den Entstehungsgründen, geht auf die rechtspolitischen Grundentscheidungen im internationalen Kontext ein und markiert die sich hier ergebenden Änderungen im Kontext der europäischen und internationalen Rechtsentwicklung, auch vor dem Hintergrund des Einflusses der COVID19-Krise auf das Schuldrecht.
Da die Vorschrift des § 242 BGB für das Verständnis des Schuldrechts völlig zentral ist, werden die Grundsätze der Rechtsanwendung dieser Norm auf etwa 170 Seiten intensiv erläutert, wobei eine konsistente Dogmatik dieser Norm entfaltet wird, die alle Fallgruppen dieser Norm anwendbarer macht und auf zahlreiche Einzelfälle und Entscheidungen eingeht.
Ein weiterer Schwerpunkt der Kommentierung liegt im Schadensrecht der §§ 249 ff BGB, wobei versicherungsrechtliche Aspekte intensiv einbezogen werden. Die Kommentierung geht auch bereits auf das brisante Thema ökologischer Schäden ein, bei denen sich insbesondere noch ungelöste Zurechnungsfragen stellen. Die umfangreiche Rechtsprechung wird umfassend ausgewertet und kritisch analysiert. Etwa der Bereich der Schockschäden wird kritisch hinterfragt. Nichts anderes gilt für die Darstellung zu den immateriellen Schäden nach § 253 BGB, wobei auf die Problematik der Vererblichkeit intensiv eingegangen wird. Die Erläuterungen zu § 254 BGB bilden die gesamte aktuelle Entwicklung ab, unter Einschluss des Handelns auf eigene Gefahr und den einschlägigen Fallgruppen.
Die Kommentierungen zum Leistungsstörungsrecht führen die bahnbrechenden Analysen der Vorauflagen weiter und werden die Diskussion maßgeblich prägen. Sie greifen jetzt den Einfluss der 4 vorstehend genannten Änderungen durch die Vorschriften für den Vertrieb digitaler Güter auf. Lesenswert hierzu ist besonders der neue Abschnitt VII vor § 275 BGB zum „Leistungsstörungsrecht der BGB – Reformen 2021“ besonders bei digitalen Inhalten oder Verbindungen von Waren und Dienstleistungen mit dem Vertrieb von digitalen Inhalten, die auch als Einführung in diesen Bereich dienen können. Hier stellt sich die Frage, wie dieses Sonderrecht sich zu den allgemeinen Vorschriften verhält (etwa: Beendigung im Verhältnis zum Rücktritt), da insoweit zahlreiche Fragen offen sind, zu deren Klärung diese Kommentierung aktiv beträgt.
Die Vorbemerkung führt die Entwicklungslinien zusammen und stellt etwa das Leistungsstörungsrecht des Schuldrechtsreformgesetzes einem Leistungsstörungsrecht als nationalem Transformationsrecht europäischer Richtlinienvorgaben kritisch gegenüber und zieht eine interessante Bilanz unter Einbeziehung auch wirtschaftswissenschaftlicher Überlegungen, die auch rechtsvergleichend operiert und deren Entwicklungslinien sich in der Kommentierung des § 280 BGB – als Beispiel – im Detail widerspiegeln. Die Kommentierungen gehen auf alle aktuellen Problemlagen intensiv ein.
Der letzte Schwerpunkt der Kommentierung in diesem Band liegt im AGB – Recht, das von Gesetzesänderung zu Gesetzesänderung immer mehr Detailfragen aufwirft, zu denen man unterschiedlich Position beziehen kann. Die Diskussion ist sehr verzeigt, etwa im Bereich der AGB – Inhaltskontrolle für den Bereich des Arbeitsrechts. Hier hat sich ein Fallrecht entwickelt, dass nur schwer nachvollziehbar ist, dass aber mit dieser Kommentierung nachvollzogen werden kann, da die Details auf dogmatische Konsistenz überprüft werden und die Entwicklungslinien systematisch herausgearbeitet werden, jeweils mit Blick auf das Verbraucherrecht und die Anwendung bei Nichtverbrauchern.
Der zweite Band der neunten Auflage des Münchener Kommentars zum Bürgerlichen Gesetzbuch, bietet alle Detailinformationen, die im Bereich des Schuldrechts Allgemeiner Teil im Bereich der Normen der §§ 241 – 310 BGB relevant sind und setzt die Erfolgsgeschichte der ersten acht Auflagen dieses renommierten Kommentars unvermindert – mit einigen neuen Autoren – fort.