Eine Rezension zu
Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch: BGB
Band 3: Schuldrecht Allgemeiner Teil II (§§ 311 – 432 BGB)
Kommentar
10. Auflage 2025, Buch, XLV, 1890 S. Hardcover (In Leinen), 209,00 Euro
ISBN 978-3-406-81023-7
Redakteur: Prof. Dr. Wolfgang Krüger, Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof a.D.
Die Kommentierungen bieten insbesondere für schwierige Problemfälle – die nicht so selten sind – einen hohen Praxisnutzen, bei einer seit der Erstauflage anhaltenden, hohen wissenschaftlichen Reputation. Die Kommentierung ist bekanntlich auch eine sehr verlässliche Zitatquelle, unbeachtet der verstärkten Nutzung von KI zur Informationsgewinnung.
Für die 10. Auflage wurde Band 3 insgesamt vollständig überarbeitet und auf den Stand von Mai 2025 gebracht. Die Kommentierungen erfolgen vor dem Hintergrund, dass eine Kommentierung im Jahr 2025 stets eine Kommentierung vor der nächsten Rechtsänderung ist, so dass das BGB immer mehr von ursprünglichen Glanz einbüßt, nachdem es Vorschriften enthielt, die Jahrzehnte “gehalten” haben. Eine Kommentierung hat heute insbesondere die Aufgabe aus einer Anhäufung von unübersichtlichen, verordnungsgleichen Normen einen Gesamtzusammenhang herzustellen, der in Form eines beweglichen Systems die aktuelle Rechtslage auf eine Bestandsaufnahme bringt.
Die 10. Auflage steht ganz im Zeichen der Digitalisierung der Rechtskommunikation. So war die neue europäische KI-Verordnung einzuarbeiten, was die Mängelhaftung im Allgemeinen Schuldrecht betrifft. Wer haftet für Fehler der KI? Kann hier eine schuldhafte Vertragsverletzung eintreten? Die sich hier stellenden Fragen sind nicht ansatzweise gelöst. Inzident erläutert wird im Rahmen des Fernabsatzrechts ferner das Digitale Dienste Gesetz (Art. 29-32 DSA), welches die E-Commerce-RL ablöst. Tiefer behandelt ist Thema „smart contracting durch autonome Software-Agenten“. Der Band gibt ferner Auskunft über mögliche künftige Anpassungen des nationalen Rechts, die infolge der Umsetzung der vollharmonisierenden Green-Transition-RL der EU zur Änderung der Verbraucherrechte-RL zu erwarten sind.
Vertieft behandelt werden in § 310 BGB auch Aspekte des Zukunftsfinanzierungsgesetzes, das bestimmte Ausnahmen für eine AGB – Inhaltskontrolle vorsieht. Mit der VO (EU) 2022/2065 wurden überdies Begrifflichkeiten in § 312 c und 312 l BGB angepasst, denen die Kommentierung nachgeht. Das Leistungsstörungsrecht wurde teilweise grundlegend überarbeitet.
Vertieft werden die in der Vorauflage erstmals kommentierten Umsetzungen der RL (EU) 2019/770 über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen (sog. Digitale-Inhalte-RL), erläutert im Rahmen einer Erstkommentierung des §§ 327 – 327 u BGB von Prof.Axel Metzger, der sich den kritischen Fragestellungen dieser Reform stellt und etwa das Verhältnis dieser Normen sowohl zum allgemeinen Leistungsstörungsrecht als auch zur kaufrechtlichen Gewährleistung systematisch untersucht und zahlreiche Lösungsmodelle für Grenz – und Streitfragen entwirft. Es handelt sich dabei um die dogmatische Einordnung sehr komplexer Fragestellungen. Bis diese Fragestellungen höchstrichterlich geklärt werden, kann Jahre dauern. Zahlreiche Vorschriften über die Vertragsmäßigkeit der Leistung des Unternehmers sowie die Rechte des Verbrauchers bei Schlechtleistung (Nacherfüllung, Vertragsbeendigung und Minderung) werden eingefügt und angepasst mit dem Ziel einer Vollharmonisierung im europäischen Binnenmarkt.
Die Umsetzung der RL (EU) 2019/2161 (sog. „Omnibus-RL“) zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften der Europäischen Union ist ebenfalls berücksichtigt.
Die Kommentierungen sorgen für Klarheit und Aktualität und sind mit größtmöglicher Sorgfalt und Präzision abgefasst worden, gerade auch deshalb, weil neue Vorschriften Probleme aufwerfen können, deren Klärung erst in der Zukunft liegt. Kommentierungen sollen Lösungen auch partiell vorwegnehmen.
In der Kommentierung zu § 311 BGB wird die gesamte Entwicklung bei der Culpa in Contrahendo für alle Fallgruppen intensiv aufgearbeitet, wobei besonders intensiv auf die aktuellen Entwicklungen bei der Banken – und Kapitalanlagehaftung sowie die Prospekthaftung eingegangen wird. Die zentrale Formvorschrift des § 311 b für Immobiliengeschäfte, Vermögensübertragungen und den Nachlass wurde fast völlig neu kommentiert, wobei unter IV. eine intensive Darstellung der Erbschaftsverträge enthalten ist.
Ein deutlicher Schwerpunkt der Neubearbeitung liegt im Verbraucherschutzrecht, das im Jahr 2014 aufgrund der EU-Verbraucherschutzrichtlinie erheblich verändert, aber auch inhaltlich konsolidiert hat. Die Kommentierung analysiert die hierzu ergangene Rechtsprechung detailgenau. Dies ist um so wichtiger als diese Vorschriften teilweise Wertungswidersprüche enthalten, wie etwa bei § 312 b BGB, worauf die Kommentierung bei den Haustürgeschäften intensiv eingeht. Die Vorschriften der §§ 312 ff BGB sind für den Onlinehandel von zentralster Bedeutung und wegen ihrer Regel-Ausnahme- Ausnahme- Regel- Struktur oftmals nicht leicht zu handhaben. Die Kommentierung geht hier auf sämtliche Details ein und spricht auch Zweifelsfragen klar an, die etwa beim Vertrieb digitaler Güter in bestimmten Bereichen nach wie vor bestehen. Dies gilt etwa auch für die Ausnahmetatbestände des § 312 g Abs.2 BGB. Diese Normen stehen mit den §§ 327 – 327 u BGB in einem aktiven Bezugszusammenhang.
Ein weiterer Schwerpunkt der Kommentierung liegt traditionell im Bereich des Leistungsstörungsrechts beim gegenseitigen Vertrag in §§ 320 ff BGB, wobei ein Schwerpunkt auf der Anwendung der Rücktrittsvorschriften liegt. Die Komplexität der damit verbundenen Fragen kommt insbesondere bei der Kommentierung des § 323 BGB deutlich zum Vorschein. Die Kommentierungen gegen hier auch intensiv auf die Vertragspraxis ein. Nichts anderes gilt für die Kommentierung der gesetzlichen Rücktrittsrechte.
Die Kommentierungen zum Leistungsstörungsrecht und den gesetzlichen Rücktrittsrechten und Einschluss der gesetzlichen Widerrufsfolgen führen die bahnbrechenden Analysen der Vorauflagen weiter und werden die Diskussion maßgeblich prägen. Die Kommentierungen führen die Entwicklungslinien zusammen und enthalten eine sehr aktuelle Bestandsaufnahme aller derzeitigen Diskussionsstände, die auch rechtsvergleichend operiert.
Da das Abtretungsrecht eng mit zivilprozessualen Fragestellungen verbunden ist, zieht sich die Einbeziehung dieser Verbindungen durch die gesamte Kommentierung des Abtretungsrecht, die sich auf höchstem Niveau bewegt.
Der dritte Band der 10.Auflage des Münchener Kommentars zum Bürgerlichen Gesetzbuch, bietet alle Detailinformationen, die im Bereich des Schuldrechts Allgemeiner Teil im Bereich der Normen der §§ 311 – 432 BGB relevant sind und setzt die Erfolgsgeschichte der ersten neun Auflagen dieses renommierten Kommentars unvermindert fort. Die Neuauflage setzt erneut deutliche Maßstäbe.