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Rezensionen juristischer Literatur

Wieder neu: Das berühmte Lehrbuch zum Strafrecht

Claus Roxin / Luis Greco, Strafrecht Allgemeiner Teil Band I: Grundlagen. Der Aufbau der Verbrechenslehre, 5. Aufl., 2020, C.H.Beck

Eine Rezension zu:

Abbildung von Roxin / Greco | Strafrecht Allgemeiner Teil Band I: Grundlagen. Der Aufbau der Verbrechenslehre | 5. Auflage | 2020 | beck-shop.de

Claus Roxin / Luis Greco

Strafrecht Allgemeiner Teil Band I: Grundlagen. Der Aufbau der Verbrechenslehre

Lehrbuch/Studienliteratur

Buch. Hardcover (In Leinen)

5., vollständig neu bearbeitete Auflage. 2020

XXXV, 1249 S

C.H.BECK. ISBN 978-3-406-71121-3

Format (B x L): 16,0 x 24,0 cm

Gewicht: 1658 g

Das Werk ist Teil der Reihe: Großes Lehrbuch

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Das wissenschaftlich grundlegende und sprachliche brillante Lehrbuch von Claus Roxin erscheint in einer ebenso brillianten Neuauflage in einer überarbeiteten und neugefassten Bearbeitung, die unmittelbar an die vierte Auflage anschließt. An diesem Buch hatte der berühmte Erstverfasser für die erste Auflage von 1968 bis 1991 gearbeitet, beruhend auf zahlreichen bahnbrechenden Arbeiten zu den Grundlagen des Strafrechts. Es enthielt bereits mit der Erstauflage die „größte und gründlichste Darstellung der Probleme des Allgemeinen Teils“.

Roxin wollte ein Buch schreiben – wie seinerzeit Jeschek – das auch im Ausland gelesen wird und es wurde im Ausland rezipiert, im erheblichem Umfang. Die Vision einer internationalen Strafrechtsdogmatik wird zunehmend Wirklichkeit, auch mit Blick auf den ICC. Es macht absolut Sinn, dass dieser Band fremdsprachige Literatur intensiv berücksichtigt, was sich in den Fußnoten entsprechend ausdrückt. Der Werk hat überwiegend den Stand von Mai 2019 mit Überarbeitungen von Januar 2020.

In der bekannt überzeugenden Systematik behandeln die Autoren die Grundlagen und den Aufbau der Verbrechenslehre, also das, was das Strafrecht ausmacht. Infolgedessen wird auch die Entwicklung des Strafrechts, insbesondere seit der Reform von 1871 nachgezeichnet und  nach der Unterscheidung von Tat – Täterstrafrecht im Detail ausgeführt, auf welchen dogmatischen Grundlagen die Verbrechenslehre heute beruht.

Die Autoren veranschaulichen diese Materien dabei nicht nur nach den Ergebnissen der herrschenden Meinung, sondern stellen die wichtigsten für und gegen eine bestimmte Lösung sprechenden Argumente dar und geben dem Leser somit die Möglichkeit, sich eine eigene Meinung zu bilden. Besonderes Augenmerk liegt auf einer detaillierten Auswertung der Rechtsprechung als Basis ihrer Kritik.

Der Band enthält

  • §§ 1 – 7 Grundlagen: u.a. Begriff und Aufgabe des Strafrechts, die Straftheorien und ihre kriminalpolitischen Hintergründe, die Strafrechtsgeschichte seit 1871 und die Strafrechtsreform sowie Entwicklung und Bedeutung der Strafrechtsdogmatik und des Strafrechtssystems.
  • §§ 8 – 24 Aufbau der Verbrechenslehre: von der Handlung über die Tatbestandslehre, die Rechtswidrigkeit und Verantwortlichkeit bis hin zu den sonstigen Strafbarkeitsvoraussetzungen und den fahrlässigen Delikten.

Wie bisher ist das Buch sehr gut lesbar und stellt auch eine sprachliche Meisterleistung dar, die auf alle aktuellen Entwicklungen eingeht.

Dies drückt sich in folgenden Schwerpunkten aus:

  • neue gesetzgeberischer Initiativen, etwa neue Strafbestimmungen zu Korruption, Doping, Sexualstrafrecht, Selbsttötungsteilnahme und Knabenbeschneidung sowie genitale Verstümmelungen bei Mädchen,
  • neue Ansätze in der Rechtsprechung, z.B. betreffend das Verschleifungsverbot, den Tötungsvorsatz, die Sittenwidrigkeit der Körperverletzung, die Notwehrprovokation, die Vermeidbarkeit des Verbotsirrtums und den Vertrauensgrundsatz,
  • zahlreiche weitere wichtige Entscheidungen, etwa zur Selbst- und Fremdgefährdung, zu den sog. Raserfällen oder zum Transplantationsskandal,
  • literarische Stellungnahmen, u.a. zum Rechtsgutsbegriff, zu expressiven und opferbezogenen Straftheorien, zum Strafbegriff, zur Straftatlehre und zur Schuld.

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Einzigartig ist diebereits angesprochene Berücksichtigung der fremdsprachigen Literatur zum Strafrecht AT, die besonders für den an dem internationalen wissenschaftlichen Austausch Interessierten von großer Bedeutung ist. Dies ist insbesondere deshalb von Bedeutung, weil es Strafrechtssysteme gibt, die einen „Allgemeinen Teil“ mit dem deutschen Verständnis einer Strafrechtsdogmatik nicht kennen oder erst im Rahmen einer Rezeption des deutschen Strafrechts kennen gelernt haben. Dies erklärt unter anderem auch, die Existenz vieler Übersetzungen der einschlägigen Werke.

Es handelt sich deutlich um mehr als um eine „Aktualisierungsauflage“, sondern der neue Verfasser setzt zahlreiche eigene Akzente, der neue Konzepte und Überlegungen präsentiert, so eine strikte Ablehnung jeglichen strafrechtlichen Gefühlsschutzes. Meinungsänderungen werden jeweils ausgewiesen. Neu gefasst wurden etwa die Ausführungen zu den „Retterfällen, zum Irrtum über Blankettgesetze (ein sehr aktuelles Thema) oder bei hypothetischen Einwilligung. Neu sind etwa auch die Ausführungen zum Strafbegriff, die das Strafrecht von der Strafe her konzipiert.

Die 5. Auflage ist ganz oder in Teilen unbedingt lesenswert und erneut eine Meisterleistung der deutschen Strafrechtswissenschaft, die alle am Strafrecht Interessierten anspricht.

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