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Rezensionen juristischer Literatur

Der Wegweiser zum StGB

Thomas Fischer, Strafgesetzbuch, 71. Auflage, 2024, C.H.Beck

 

Eine Rezension zu:

Abbildung von Fischer | Strafgesetzbuch: StGB | 71. Auflage | 2024 | Band 10 | beck-shop.de

Thomas Fischer

Strafgesetzbuch: StGB

mit Nebengesetzen

 71. Auflage

München: C.H.Beck, 2024,  LXXIX, 2810 S., In Leinen, 109 Euro inkl. MwsT.

ISBN 978-3-406-80811-1

Das Werk ist Teil der Reihe: Beck’sche Kurz-Kommentare; Band 10

Der Autor
Dr. Thomas Fischer war Vorsitzender Richter am BGH und ist Honorarprofessor an der Universität Würzburg

sowie Rechtsanwalt in München.

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Der Tradionskommentar wurde von Otto Schwarz begründet, von Eduard Dreher weitergeführt und bis zur 49. Auflage von Herbert Tröndle kommentiert. Ab der 50. Auflage wurde daraus “Der Fischer”, dessen Verfasser der in der “Breite” mutmaßlich bekannteste Strafrechtler Deutschlands ist und im Jahr 2017 aus dem BGH als Vorsitzender Richter ausgeschieden ist. Er ist inzwischen Rechtsanwalt und Strafverteidiger in einer sehr bekannten Kanzlei in München. Dieser Kommentar hat – als “Ein-Personen – Unternehmen” – seit der 50. Auflage immer stärkere Akzente gesetzt und bildet die gesamte Entwicklung im deutschen Strafrecht kritisch ab. Er ist das entscheidende Referenzwerk der Praxis für das StGB und einige strafrechtliche Nebengesetze.

Die Darstellung orientiert sich zwar als Praxiskommentar überwiegend an der Rechtsprechung des BGH, versteht sich aber nicht als unkritisch. Bei nicht gefestigter Judikatur entwickelt der Kommentar immer sehr interessante Lösungsvorschläge und scheut auch vor rechtspolitischer Kritik nicht zurück, die angesichts mancher Gesetzesfassung im StGB auch ex-post angebracht ist. In keinem Falle wird die “herrschende Meinung” kritiklos abgebildet. Es geht vielmehr um einen systematischen Überblick über den aktuellen Stand (vornehmlich, aber nicht nur) der höchstrichterlichen Rechtsprechung und wissenschaftlichen Diskussion dazu, die hier erschöpfend ausgewertet wird. Das Werk ist das absolute Standardwerk zum StGB und wird von allen deutschen Gerichten verwendet und ist zur zweiten Staatsprüfung zugelassen. Die Rechtsprechung wird vollständig ausgewertet. Der Kommentar erscheint jährlich.

Die 71. Auflage hat den Gesetzesstand vom November 2023 und ist daher hochaktuell. Der Gesetzgeber hat sich seit dem Erscheinen der Vorauflage bemüht weitere Gesetzeslücken zu schließen. Das StGB enthält derzeit 515 Paragraphen. Die Änderungen des StGB sind über das Änderungsregister leicht nachvollziehbar. Eingearbeitet sind u.a.:

  • Art. 1 Gesetz zur Überarbeitung des Sanktionenrechts – Ersatzfreiheitsstrafe, Strafzumessung, Auflagen und Weisungen sowie Unterbringung in einer Entziehungsanstalt mit Wirkung vom 1.10.2023 sowie 1.2.2024
  • Art. 4 Gesetz zur Änderung des Bundeszentralregistergesetzes und des Strafgesetzbuches mit Wirkung vom 9.12.2022.

Seit der letzten Auflage wurden mehrere hundert neue Entscheidungen (v.a. des BGH, daneben auch der OLGe, des BVerfG sowie des EGMR) in das Werk eingearbeitet. Zahlreiche weitere Ergänzungen betreffen aktuelle praktische Fragen, wie beispielsweise zur Tatbestandsüberschneidung von § 257 und § 261 StGB, zur Rechtfertigung von Nötigungshandlungen oder zur Rücknahme sinnwidriger Strafverschärfungen im Sexualstrafrecht. Einzelne Kommentierungen sind vollständig neu gefasst, so zu § 16 StGB. Generell wurden die Kommentierungen redaktionell gestrafft und auch die Verweisungen auf andere Werke wurden reduziert.

Die Neuauflage widmet sich insbesondere dem neuen Sanktionenrecht, dass deutliche Änderungen im Bereich der Strafzumessung zur Folge hat, die in den §§ 46 ff StGB dargestellt werden. Da das StGB in den letzten Jahren erhebliche Änderungen erfahren hat, werden die Entwicklungen bei den geänderten Normen sehr detailliert nachvollzogen,  so etwa betreffend den §§ 126 a, 127, 152c,176c, 184l, 192a StGB. Der Kommentar geht aber – wie immer – auch bereits auf Gesetzesentwürfe ein, soweit diese bei Redaktionsschluss mindestens in einem Referentenentwurf vorlagen. Die Gesetzesänderungen führen dementsprechend auch zu entsprechenden Schwerpunkten bei der Neubearbeitung neben der ergangenen Rechtsprechung, vornehmlich – aber nicht nur – des BGH.

Der Praxiskommentar – der nie besser war als unter diesem Kommentator – ist konkurrenzlos aktuell durch seine jährliche Erscheinungsweise. Er ist zuverlässig, umfassend, pragmatisch und dezidiert. Er bietet dem Strafrechts­praktiker alles, was er für seine Arbeit braucht. Kompakt und handlich in einem Band liefert er als erste Anlaufstelle zuverlässige und schnelle Antworten.

Selbstredend geht der Verfasser auch auf eine Entwicklung ein, die erst seit drei Jahres absehbar war, der Entwicklung eines speziellen Pandemiestrafrechts.

Der Verfasser hat die Neuauflage zum Anlass genommen, die ohnehin vorzügliche Kommentierung noch weiter inhaltlich zu konsolidieren.

Erneut umgearbeitet wegen diverser Gesetzesänderungen im Präventionsrecht wur5de des § 261 StGB bei der Geldwäsche, zu der der Verfasser unter Rn. 6,7 eine harsche aber sehr nachvollziehbare Kritik äußert, da der Absolutheitsgedanke zur Verhinderung der Geldwäsche nicht eingelöst werden kann und in der Breite eine ernsthafte Anwendung des Tatbestandes nur in Exempeln erfolgt. Es ist generell ein Problem der gegenwärtigen Rechtsordnung, dass immer mehr Rechtsnormen geschaffen werden, deren effektiver Vollzug kaum sicher gestellt werden kann. Der Verfasser unterstellt dem verfolgten Konzept mit guten Gründen Züge von Irrationalität. Die ständigen Verweise in Strafrechtsnormen auf anderweitige Regelungen, erleichtern keineswegs deren Anwendung, wie etwa Abs.9 zeigt.
Der Kommentar hat in seinem Bereich ein Alleinstellungsmerkmal, zumal ihn fast jeder Rechtsanwender zuerst benutzt. Wieder eine herausragende Neubearbeitung!

 

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