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Rezensionen juristischer Literatur

NomosKommentar BGB, Bd.6: Rom-Verordnungen u. EUErbVO

Hüßtege/Mansel (Hrsg.), BGB. Rom-Verordnungen zum internationalen Privatrecht, Bd.6, 3. Aufl, 2019, Nomos

Eine Rezension zu:

Hüßtege / Mansel | Bürgerliches Gesetzbuch, Rom-Verordnungen | EuGüVO | EuPartVO | HUP | EuErbVO | Cover

Rainer Hüßtege/Heinz-Peter Mansel (Hrsg.)

NomosKommentar BGB

Band 6

Rom – Verordnungen zum internationalen Privatrecht

Rom I: Vertragliches Schuldverhältnisse

Rom II: Außervertragliche Schuldverhältnisse

Rom III: Ehescheidung, Trennung

 EuErbRVO und HUP

 Herausgeber und Autoren sind die führenden Experten im europäischen Kollisionsrecht, ihre Stimme hat Gewicht:
Dr. Rainer Hüßtege, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht München a. D. Prof. Dr. Heinz-Peter Mansel, Universität zu Köln Prof. Dr. Ivo Bach, Universität Göttingen | Dr. Kai Bischoff, Dipl.-Kfm., LL.M., Notar, Köln | Prof. Dr. Peter-Andreas Brand, Rechtsanwalt, Berlin | Prof. Dr. Christine Budzikiewicz, Universität Marburg | Dr. Rupert Carl-Christian Doehner, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, München | PD Dr. Florian Eichel, Universität Passau | Prof. Dr. Martin Gebauer, Universität Tübingen | Prof. Dr. Urs Peter Gruber, Universität Mainz | Prof. Dr. Michael Grünberger, LL.M., Universität Bayreuth | Prof. Dr. Katharina Hilbig-Lugani, Universität Düsseldorf | Prof. Dr. Oliver Knöfel, Europa-Universität Viadrina, Frankfurt (Oder) | Prof. Dr. Matthias Lehmann, D.E.A., LL.M., J.S.D., Universität Bonn | Prof. Dr. Stefan Leible, Universität Bayreuth | PD Dr. Francis Limbach, Universität Kiel | Prof. Dr. Dirk Looschelders, Universität Düsseldorf | PD Dr. Robert Magnus, Universität Heidelberg | Dr. Mark Makowsky, Universität Düsseldorf | Dr. Carl Friedrich Nordmeier, Richter, Landgericht Wiesbaden | Dr. Thomas von Plehwe, Rechtsanwalt beim BGH, Karlsruhe | RiOLG Prof. Dr. Götz Schulze, Universität Potsdam | Prof. Dr. Robert Sieghörtner, Notar, Gräfenberg | Prof. Dr. Felipe Temming, LL.M., Universität Hannover| Prof. Dr. Matthias Weller, Mag. rer. publ., Universität Bonn

 3. Auflage

Baden-Baden: Nomos, 2019, 1.527 S., 178,00 Euro

für DAV-Mitglieder –

ISBN 978-3-8487-4587-6

www.nomos-shop.de

Der Kommentar bietet eine sehr kompakte, praxisnahe Darstellung des europäischen Kollisionsrechts der Rom – Verordnungen und der EUErbVO in einem Band. Diese Rom-Verordnungen haben als europäisches Kollisionsrecht das EGBGB weitgehend abgelöst. Sie gelten als EU-VO unmittelbar im deutschen Recht. Das Europäische Kollisionsrecht regelt damit umfassend, und zum Teil gänzlich neu, klassische Kernbereiche des Zivilrechts in Fällen mit Auslandsbezug. Die Regelwerke sind für die Beratung in den weiten Bereichen des Schuld- und Deliktrechts, nicht nur im Familien- und Erbrecht, aber auch im Gesellschaftsrecht und weiteren Materien bindend. Es ist ein deutliches Ziel dieses exzellenten Kommentars fehlende Beratungssicherheit bei der täglich steigenden Zahl grenzüberschreitender Sachverhalte zu kompensieren und Beratungsfehler vermeiden zu helfen.

Der Kommentar von Hüßtege/Mansel ist in seinem Bereich das entscheidende Referenzwerk für die deutsche Rechtspraxis. Im Detail werden alle einschlägigen Verordnungen Rom I und II (vertragliche bzw. außervertragliche Schuldverhältnisse), Rom III (Ehescheidung und Trennung), das Haager Unterhalts-Protokoll, die EuErbVO und das deutsche Umsetzungsgesetz (IntErbRVG) sowie die beiden neuen Europäischen Güterrechtsverordnungen einschließlich des deutschen Umsetzungsgesetzes (IntGüRVG) umfassend erläutert. Dabei stellen sich viele Abgrenzungsfragen zu den in nationaler Kompetenz verbleibenden Rechtsgebieten, die oftmals schwer durchschaubar sind, da die europäischen in einigen Bereichen nicht abschließend sind. Die damit zusammenhängenden Fragen werden verständlich beantwortet.  Die Kommentierung argumentiert aus dem Gesamtzusammenhang aller Normen und macht die europäischen Argumentationsmuster für die deutsche Rechtspraxis in einer autonomen Auslegung des Europarechts praktikabel.

Der Kommentar richtet sich in erster Linie an Zivilrichter und Zivilrichterinnen, Anwälte und Anwältinnen wie Fachanwälte und Fachanwältinnen für Familienrecht und Erbrecht, Notare und Notarinnen und Rechtspfleger und Rechtspflegerinnen sowie natürlich auch Studenten und Referendare.

Die Neuauflage bringt den Kommentar auf den neuesten Stand von Gesetzgebung und Rechtsprechung, die hier im Detail ausgewertet wird, durchaus auch mit Berücksichtigung von Entscheidungen aus anderen Ländern Europas.

Die Kommentierung erscheint zum richtigen Zeitpunkt neu und enthält auch eine der ersten systematischen Kommentierungen der beiden neuen EU-Güterrechtsverordnungen, zum einen für Ehepaare und zum anderen für eingetragene Lebenspartner.

Beide EU- Verordnungen sind am 28.7.2016 in Kraft getreten, die wichtigsten Regelungen sind ab dem 29.1.2019 anzuwenden. Diese neuen Verordnungen regeln güterrechtliche Fragen bei grenzüberschreitenden Sachverhalten, insbesondere Fragen der internationalen Zuständigkeit, des anwendbaren Rechts, der Rechtswahl und der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Gütersachen. Mit Beginn der Geltung der neuen EU-Verordnungen werden diese für ab dem 29.1.2019 geschlossene Ehen oder eingetragene Lebenspartnerschaften die Art. 15 und 17a EGBGB und im Hinblick auf Verfahren, die ab dem 29.1.2019 eingeleitet wurden, die §§ 97 ff. FamFG verdrängen.

Besonders hilfreich erweist sich die Gesamtkonzeption des Kommentars bei der Überprüfung, inwieweit neue Gestaltungsmöglichkeiten, die u.a. die Reformen für die Kautelar-Praxis mit sich bringen, einer gründlichen juristischen Auslegung auch vor Gericht standhalten. Aus diesem Grund wird auch die Vertragspraxis eingehend berücksichtigt. Dies betrifft nicht nur das Erb- und Familienrecht, sondern auch alle vertraglichen und außervertraglichen Schuldverhältnisse, so dass der Band auch bei der Vertragsgestaltung eine Informationsquelle erster Wahl ist.

Die Kommentierung trägt dem Umstand Rechnung, dass das Kollisionsrecht der Verordnungen ROM I – III schwierige Rechtsfragen aufwirft, die zu einem erheblichen Teil noch nicht Gegenstand von Gerichtsurteilen waren. Die Kodifikationen erlauben es allerdings nunmehr zu diesen Materien auch Urteile aus anderen Mitgliedstaaten der EU heranzuziehen, was ohnehin immer häufiger geschieht. Vorlagebeschlüsse an den EuGH in diesen Bereichen werden immer häufiger. Hierbei wird auch berücksichtigt, dass dieses Kollisionsrecht unter Umständen auch Anwendung im Verhältnis zu Drittstaaten findet.

Durch die ROM – Verordnungen I – III ist ein Regelungszusammenhang entstanden, der zwar deutliche Lücken aufweist, aber zu einem europäischen Rechtsgebiet mit einheitlichen Normen geworden ist, der in seinem Anwendungsbereich deutlich zu mehr Rechtssicherheit beiträgt.  Nicht zuletzt durch den weitgehenden Abschied von Rück – und Weiterverweisungen. Diese Rechtsnormen bieten durchaus einen gewissen “Standortvorteil”, den sich die Vertragspraxis in Europa nutzbar machen kann.

Da dieser Kommentar in allen – durchgehend völlig gelungenen – Bänden den Anspruch hat, dem Nutzer auch Informationen zu geben, die über eine reine Kommentierung hinausgehen, setzt die Kommentierung mit einer sehr lesenswertung Einführung zum Thema “Das anwaltliche Mandat im internationalen Schuldrecht” ein, das sehr interessante Hinweise enthält, zumal viele Berater dieser Materie immer noch gerne aus dem Weg gehen, was indessen in vielen Bereichen aber kaum mehr möglich ist. In dieser Einführung finden sich zahlreiche Hinweise zur Beratungspraxis und zur Vertragsgestaltung unter Einschluss des Kollisionsrechts nach der Rom – I-VO und zu den (eingeschränkteren) Rechtswahlmöglichkeiten nach der Rom – II-VO im Bereich des Deliktsrechts. Intensiv berücksichtigt wird jetzt auch die Rom – III – VO zum Familienrecht sowie die EUErbVO. Wichtige Hinweise finden sich auch zur Ermittlung des anwendbaren Rechts und zu Fragen der Anerkennung – und Vollstreckung nach der EuGVVO, die mit dem Kollionsrecht eng verwoben ist. Es bleibt nicht aus, dass dieses europäische Kollisionsrecht auch Auswirkungen auf die materiellrechtliche Beurteilung hat. In die Kodifizierungen sind ohnehin die Erfahrungen aus jahrzehnterlanger Anwendung nationaler Kollisionsregeln eingegangen, so dass manches vertrauter wirkt als es zuvor den Anschein hat.

Die Kommentierung der Rom – I- VO geht intensiv auf die Möglichkeiten und die Auswirkungen der Vertragsgestaltung ein, so etwa im Zusammenhang mit der Kommentierung der Art. 3 und 4, der letztlich nur dann Bedeutung hat, wenn ein Vertrag keine, unzureichende oder rechtswidrige Rechtswahlklauseln enthält. Von den Möglichkeiten der Privatautonomie sollte daher – soweit sie noch reicht – auch Gebrauch gemacht werden. Intensiver eingegangen wird in diesem Bereich auch auf das UN – Kaufrecht, Schiedsgerichtsvereinbarungen und internationale Zuständigkeiten, so dass stets ein Bezug zum Verfahrensrecht hergestellt wird, wo dies sinnvoll erscheint. Die Möglichkeiten der Rechtswahl sind für bestimmte Verträge und für bestimmte Gruppen von Vertragsschliessenden eingeschränkt, so bei Versicherungsverträgen und Verbrauchern, denen wichtige Ausnahmevorschriften geltend, die detailliert erörtert werden. Das Kapitel III normiert unter “Sonstige Vorschriften” elementare Grundstrukturen des IPR wie die Bestimmungen zum Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts, das Verhältnis zu völkerrechtlichen Verträgen und weiteres Grundfragen.

Die Kommentierung zur Rom – II – VO widmet sich im Rahmen der Erörterung des Art.1 sehr intensiv den Ausschlüssen, da diese Verordnung auf bestimmte Sachverhalte keine Anwendung findet, die überdies sehr weitreichend ausgestaltet sind, wobei für die Praxis im Medienrecht insbesondere Art. 1 Abs.2 lit g) für Persönlichkeitsrechtsverletzungen eine erhebliche Bedeutung hat. Diese VO verweist insoweit (für Deutschland) weiter auf das EGBGB und diese komplexen Abgrenzungsfragen weisen erhebliche Praxisrelevanz auf. Ganz im Zentrum steht die Kommentierung des Art. 4 der die allgemeine Kollisionsnorm enthält, die aber durch Spezialbestimmungen überlagert wird, etwa zur Produkthaftung, zum Umwelthaftungsrecht, beim unlauteren Wettbewerb, Urheberrecht und weiteren Rechtsgebieten, so dass zunächst nach der spezielleren Norm gesucht werden muss. Die Kommentierung geht auf diese Fragen jeweils im Detail ein und ist hier für den Nutzer eine große Hilfe, da auch ungelöste Rechtsfragen angesprochen werden und Lösungsmodelle entwickelt werden.

Die Rom – III – VO zum Scheidungsrecht vereinheitlicht das Kollisionsrecht für grenzüberschreitende Ehescheidungen in Europa und wirft zahlreiche Anwendungsprobleme auf, die in der Einführung thematisiert werden, die einen sehr guten Überblick über diese Materie gibt. Die Kommentierungen der EU – EheVO und der UnterhaltsVO finden sich in Band I des Kommentars. Diese VO bietet für das europäische Scheidungsrecht einen erheblichen Gewinn an Rechtssicherheit, ermöglicht den Parteien aber auch Rechtswahlmöglichkeiten nach Art. 5, die hier sehr detailliert dargestellt werden.

Intensiv kommentiert wird auch die EuErbVO und hier werden die bislang ergangenen Urteile umfassend ausgewertet, da diese EuERbVO erhebliche Auslegungsprobleme mit sich bringt, etwa was die Übergangsvorschrift des Art. 83 angeht. Die Einführungen stellt die Grundentscheidungen der EUErbVO dar und zeigt insoweit den Systemwandel auf, der mit dieser Regelung einhergeht. Dabei geht es insbesondere um das Aufenthaltsprinzip mit Wahlmöglichkeiten des Heimatrechts, vornehmlich unter steuerlichen Aspekten. Völlig zu recht weist die Kommentierung darauf hin, dass die deutsche Übersetzung teilweise fehlerhaft ist und daher dringend auf die englische Fassung zurückgegriffen werden sollte. Auch in diesem Bereich wird der EuGH wegweisende Entscheidungen zu treffen haben, da einige Teile der EUErbVO nicht völlig durchdacht sind, so etwa die Gutglaubensfunktionen des Europäischen Nachlasszeignisses. Die Kommentierung versucht in einer Zeit der Unklarheit über Details bei der Auslegung der Praxis durch klare Argumentationen Entscheidungsgrundlagen an die Hand zu geben. Hierzu wird intensiv auf die Begründung zu VO zurückgegriffen, die sehr stark auf Rechtsvergleichung beruht, so dass viele Vorschriften ganz unterschiedliche Vorbilder in nationalen Rechts haben und diese entscheidend modifizieren. Das Verfahrensrechts wird eingehend dargestellt und auf etwaige Unsicherheiten hin überprüft. In die Kommentierung integriert sind Erläuterungen zur IntErbRVG, die die Umsetzbarkeit in Deutschland sicherstellt. Der Leser findet die diesbezüglichen Erläuterungen daher stets bei den Normen der EUErbVO auf die sich das IntErbRVG jeweils bezieht.

Die dritte Auflage dieses erstklassigen und bei aller Wissenschaftlichkeit betont praxisnahen interessanten Bandes des NomosKommentars zum BGB schafft für den Nutzer Klarheit in vielen Zweifelsfragen, die sich hier noch zahlreich stellen. Die klare und sehr strukturierte Kommentierung gehört sicherlich zu den gegenwärtig interessantesten Kommentierungen ihrer Art und kann nur als bahnbrechend bezeichnet werden.

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