Juralit

Rezensionen juristischer Literatur

Basiskommentar zum Mindestlohngesetz

T. Lakies, Mindestlohngesetz. Basiskommentar, 5. Auflage, 2021, Bund – Verlag

Eine Rezension zu:

main product photo

Thomas Lakies

Mindestlohngesetz

Basiskommentar zum MiLoG

5., aktualisierte Auflage

Frankfurt a.M.: Bund – Verlag, 2021, 462 S., 39,90 Euro inkl. MwSt.

 ISBN 989-3-7663-7081-5

Autor:
Thomas Lakies, Richter am Arbeitsgericht, Berlin

www.bund-verlag.de

Der im Jahr 2015 wohl erste Kommentar zum Mindestlohngesetz erläutert in der fünften Auflage den gesamten Regelungsbereich dieses Gesetzes, dass nicht lediglich nur Fragen des Mindestlohnes regelt. Daneben bleiben die allgemeingültigen Branchen-Mindestlöhne bestehen, die in dieser Auflage sämtlich erfasst werden.

Der ganz ausgezeichnete Kommentar erläutert das komplexe Zusammenspiel zwischen dem  Mindestlohngesetz und den tariflichen Mindestlöhnen sowie die Zusammenhänge mit dem Entsendegesetz und dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz unter Einschluss der sozialrechtlichen “Flankierungen”. Seit Inkrafttreten im Jahr 2015 hat der Gesetzgeber diverse Modifizierungen und Ergänzungen vorgenommen, die in der Neuauflage berücksichtigt werden. Die vorzügliche Einleitung zeichnet die Gesetzesgebungsgeschichte nach und zeichnet ein realistisches Bild der aktuellen Gesamtsituation.

Neben diesem allgemeinen Mindestlohn, der für ganz Deutschland in allen Branchen gilt, gibt es spezielle Branchen-Mindestlöhne – zum Beispiel für das Bauhaupt- und Baunebengewerbe, die Gebäudereinigung, die Pflegebranche und die Leiharbeit, die oberhalb des allgemeinen Mindestlohns liegen.

Zu unterscheiden sind verschiedene Regelungsbereiche dieses Gesetzes, die ganz unterschiedliche Problemstellungen beeinhalten, wie etwa das  Unterschreiten des gesetzlichen Mindestlohns durch Tarifverträge (nur im Rahmen der Übergangsregelungen) oder bei Individualvereinbarungen. Etwa bei sog. “Mini-Jobs” kann es sehr leicht zu Unterschreitungen kommen, die der Arbeitnehmer im Ernstfall aber darlegen und beweisen muss. Auf diese Prozesssituationen wird in der Kommentierung zu 3 intensiv eingegangen.

Eingegangen wird auch auf alle sechs Rechtsverordnungen, die zu diesem Gesetz erlassen wurden, so etwa:

  • Verordnung zur Bestimmung der zuständigen Behörde (Mindestlohngesetz-Meldestellenverordnung – MiLoGMeldStellV)
  • Verordnung zur Abwandlung der Pflicht zur Arbeitszeitaufzeichnung nach dem Mindestlohngesetz und dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz (Mindestlohnaufzeichnungsverordnung – MiLoAufzV)
  • Verordnung über Meldepflichten nach dem Mindestlohngesetz, dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz und dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (Mindestlohnmeldeverordnung – MiLoMeldV)
  • Verordnung zu den Dokumentationspflichten in Bezug auf bestimmte Arbeitnehmergruppen (Mindestlohndokumentationspflichten- Verordnung – MiLoDokV).

Schwerpunkte der Kommentierung sind:

  • Für wen gilt der allgemeine Mindestlohn?
  • Gibt es Ausnahmen vom Mindestlohn?
  • Welche Arbeitszeiten sind zu vergüten?
  • Was ist mit Fahrten zu außerbetrieblichen Arbeitsstellen, Fahrten zu Kunden, Lenk-, Lade-, Stand-, Wartezeiten, Reisezeiten, Wasch- und Umkleidezeiten?
  • Was ist mit Arbeitsbereitschaft, Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft?
  • Können Zuschläge, Prämien und Zulagen auf den Mindestlohn angerechnet werden?
  • Können die Arbeitnehmer auf den Mindestlohn verzichten?
  • Wie wird der Mindestlohn kontrolliert und durchgesetzt?
  • Für wen gelten die Branchen-Mindestlöhne – Was ist hier zubeachten?

Die neueste Rechtsprechung zum allgemeinen Mindestlohn und zu den Branchen-Mindestlöhnen wird ständig in die Darstellungen einbezogen und ist im Detail ausgewertet. Allerdings wird im Arbeitsgerichtsprozess Vieles durch Vergleich geregelt. Soweit möglich wird auf diese Praxisentwicklungen eingegangen.

Die Garantie angemessener Mindestlöhne ist nicht völlig neu. Ohnehin finden sich in diesem Rahmen in ganz Europa vielfältige Regelungsansätze (s. nur T. Schulten u.a., Mindestlöhne in Europa, 2006). Die Rechtsprechung hatte unter dem Aspekt des Lohnwuchers nach § 138 BGB bereits Lösungsansätze für branchenübliche Mindestlöhne entwickelt. Diese weiter geltenden Grundsätze bleiben weiter von Bedeutung und werden in die Darstellung einbezogen. Es liegt auf der Hand, dass die Mindestlohnthematik insbesondere im Bereich „prekärer Arbeit“ eine besondere Rolle spielt, was sich wie ein „roter Faden“ durch die Kommentierung zieht, die auf Branchenbesonderheiten – etwa in der Gastronomie – stets eingeht.

Im Tarifrecht fanden sich ebenfalls Regelungen zu dieser Problematik, die über die Allgemeinverbindlichkeitserklärung des § 5 TVG allgemeinere Bedeutung erhalten haben. Ähnlich gilt für das Arbeitnehmerentsendegesetz. Das Gesetz war und ist rechtspolitisch umstritten, so dass immer neue Korrekturen politisch verlangt werden, die Ausnahmekonstellationen betreffen. Der Kommentar nimmt zwar die Perspektive der Arbeitnehmerberatung ein, bemüht sich aber um eine sehr abgewogene Darstellung gerade auch der zahlreichen Streitfragen.

Die aktuelle Darstellung hat den Stand von Januar 2021. Die aktuellen Besonderheiten aufgrund der Covid19-Pandemie werden geschlossen bei § 1, Rdn.133 dargestellt.

Um den Regelungsansatz zu verstehen, sollte man die Bedeutung des vom Umfang sehr erheblichen Niedriglohnsektors in Deutschland kennen, die sich im Spannungsfeld zur Leistungsfähigkeit gerade von Kleinbetrieben und der Gefahr der Ausweitung der Scheinselbständigkeit bewegt. Hier setzt die Kommentierung an, die sehr deutliche Schwerpunkte setzt. Erfasst werden alle Aspekte der staatlichen Lohnregulierung unter Einschluss des “Lohnwuchers” vor dem Hintergrund der Möglichkeiten und Grenzen staatlicher Lohnregulierung.

Zum einen geht es darum, wann und für welche Personengruppen ein solcher Mindestlohn gilt. Von erheblicher Bedeutung sind die Ausnahmeregelungen, etwa für Praktikanten. § 22 MilOG stellt setzt klar, dass Praktikantenverhältnisse Arbeitsverhältnisse darstellen, wobei bestimmte Praktika von drei Monaten aus dem Mindestlohn ausgeklammert werden können. Insoweit werden hier auch Hinweise für die Vertragspraxis gegeben.

Intensiv wird erörtert, was im Rahmen der angefallenen Zeitstunden zu vergüten ist und welche Zuschläge trotzdem anfallen können und welche Anrechnungen in Betracht kommen. Eingehend wird auch darauf eingegangen, dass diese Ansprüche nach § 3 allenfalls in einem gerichtlichen Vergleich für verzichtbar erklärt werden können (was etwa bei ausgehandelten Abfindungen relevant werden könnte). Auf das Thema Ausschlussfristen in Arbeitsverträgen wird intensiv eingegangen. Gut erklärt, wird auch die Haftung des Auftraggebers, die auf die Regelung des Entsendegesetzes verweist. Wer den Mindestlohn als Arbeitgeber jenseits der Ausnahmekonstellationen unterschreitet, setzt sich rechtlichen Risiken aus.

Darüberhinaus wird auch im Detail darauf eingegangen, welche Kontrollmaßnahmen stattfinden können, die sich in den §§ 14, 15 ausdrücken und zu weitreichenden Zugriffskompetenzen der Zollbehörden führen können, wobei auf die Vorschriften des Schwarzarbeitbekämpfungsgesetzes verwiesen worden ist.

Es ist das erklärte Ziel dieses Gesetzes sowohl Scheinselbständigkeit als auch Schwarzarbeit bekämpfen zu wollen und die Tarifautonomie stärken zu wollen. Sehr gut erläutert werden auch die Meldepflichten von Unternehmen mit Sitz im Ausland. Auf die Meldepflichten deutscher Unternehmen im Sozialrecht geht die Einleitung ein. Verstöße können nach § 19 Bußgeldtatbestände auslösen. Nach § 23 musste das Gesetz im Jahr 2020 auf seine Funktionen überprüft werden. Die entsprechenden Evaluationsberichte, die die Gesetzesziele bestätigt haben, werden bei § 23 zitiert. Die Texte des TVG, des Entsendegesetzes, des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes und des Nachweisgesetzes finden sich im Anhang.

Der Kommentar bietet weit mehr als einen “Basis – Kommentar”, sondern enthält eine praxisnahe, sehr verständliche Aufarbeitung aller   Aspekte des Mindestlohnesgesetzes und wird von Auflage zu Auflage noch lesenswerter.

Diese Seite verwendet Cookies, um die Nutzerfreundlichkeit zu verbessern. Nähere Informationen dazu und zu den Rechten als Nutzer finden sich in unserer Datenschutzerklärung. Mit der weiteren Verwendung stimmen die Nutzer der Verwendung von Cookies zu.

Datenschutzerklärung