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Rezensionen juristischer Literatur

Handbuch Verbraucherrecht

Tamm/Tonner/Brönneke (Hrsg.), Verbraucherrecht, 2. Aufl., 2019, NOMOS

Eine Rezension zu:

Tamm / Tonner / Brönneke | Verbraucherrecht | Cover

Marina Tamm/Klaus Tonner/Tobias Brönneke (Hrsg.)

Verbraucherrecht

Rechtliches Umfeld – Vertragstypen

Beratungshandbuch

3. Auflage

Baden-Baden: NOMOS, 2019, 1500 S., 128,00 Euro inkl. MwSt.

ISBN 978-3-8487-5928-6

www.nomos-shop.de

Das Handbuch enthält eine sehr ambitionierte Darstellung des gesamten deutschen Verbraucherrechts unter Einschluss des europäischen Hintergrunds für die Beratungspraxis. Es handelt sich dabei längst um ein eigenständiges Rechtsgebiet, dass seit dem Ende der sechziger Jahre erheblich gewachsen ist und ständigen Korrekturen und “Feinjustierungen” ausgesetzt ist, die die Handhabung insbesondere für die Unternehmerseite nicht immer leicht machen. Infolgedessen prallen oftmals eine unternehmensbezogene Anwendungsperspektive und eine rein verbraucherschutzrechtliche Perspektive aufeinander, was sich besonders in Verbandsstreitigkeiten über die Anwendung des Verbraucherrechts ausdrückt. Verbraucherrecht gehört zur Kernkompetenz der zivilrechtlichen Beratung.

Das große Handbuch behandelt alle Beratungsbereiche, von der AGB-Prüfung bis zum Finanzdienstleistungsvertrag, vom Miet- bis zum Reisevertrag, in einem Band und berücksichtigt umfangreiche Änderungen:

  • RL über den Warenhandel und digitale Inhalte
  • neues Datenschutzrecht, mit verbraucherrechtlichen Auswirkungen
  • Verbrauchsgüterkauf
  • Umsetzung der neuen Pauschalreiserichtliniemit erheblichen praktischen Auswirkungen
  • Änderungen beim Verbraucherbauvertrag
  • Verbraucherinsolvenzrecht und Verbrauchermusterklage
  • Judikate zum „Dieselgate“
  • datenschutzrechtliche Regelungen bei e-Commerce, Social Media oder Fernabsatz
  • Verbraucherrecht für Heimbewohner
  • Musterfeststellungsprozess.

Es handelt sich bei diesem Rechtsbereich um eine sehr heterogene Materie, die völlig unterschiedliche Bereiche des Vertragsrechts – mit Ausstrahlungen auf die gesetzlichen Schuldverhältnisse – erfasst, dessen Normenbestand in immer kürzeren Abständen praktisch “umgewälzt” wird. Die “Halbwertszeiten” in diesem Bereich sind kurz, allein schon deshalb, weil neue Gerichtsentscheidungen zu neuen Normen wiederum neue Aspekte ergeben können, insbesondere seitens der Rechtsprechung des EuGH. Die Umwälzungen bedeuten aber auch, dass die “Feinjustierungen” durch die Rechtsprechung nicht unbedingt von langer Dauer sein müssen. Die Neuauflage geht auf alle diese Entwicklungen praxisnah und problembezogen ein. Änderungen betreffen letztlich alle hier behandelten Rechtsbereiche.

Im Mittelpunkt des Bandes steht das Verbrauchervertragsrecht, dessen Schutzkonzeption allerdings bereits mit vorvertraglichen Informationspflichten einsetzt, deren Nichteinhaltung unter mehreren rechtlichen Aspekten problematisch werden kann, unter anderem besteht hier eine “Nahtstelle” zum Lauterkeitsrecht. Es liegt auf der Hand, dass sich das Unionsrecht wie ein roter Faden durch diese Darstellung zieht, allerdings geht insbesondere die Bundesrepublik Deutschland über dieses Schutzniveau oftmals hinaus. Erstmals in die Darstellung einbezogen wird das Datenschutzrecht in den §§ 4 a und b des Handbuches. Nach einem Überblick über die sehr unterschiedlichen, mitunter nicht recht aufeinander abgestimmten Regelungsbereiche der DSGVO und des BDSGneu, wird in einem sehr lesenswerten Kapitel die Thematik des Datenschutzes unter dem Aspekt des Schutzes der Persönlichkeitsrechte in sozialen Netzwerken und Suchmaschinen behandelt. In diesem Zusammenhang werden nicht nur die Löschungsansprüche behandelt, sondern auch der oft außer Acht gelassene “Restore-Anspruch”, der etwa bei Facebook schwer zu realisieren ist. Es ist nicht selten, dass unter dem Aspekt eines vorauseilenden Gehorsams der “Nachzensurabteilungen” der Netzwerke Inhalte gelöscht werden, die grundsätzlich völlig rechtskonform sind, so dass die Ausstrahlungswirkung der Grundrechte in diesem Bereich hoch anzusetzen ist.

Da das Verbraucherrecht das Recht der Beziehungen zwischen Unternehmern beim Vertrieb von Gütern und den Verbrauchern als Letzterwerbern ist, versucht dieses Handbuch beiden Seiten gerecht zu werden, was sich auch im erweiterten Kreis der Autoren niederschlägt. Das Handbuch begleitet den Leser bei allen Rechtsproblemen, die sich in den verschiedenen Phasen des Konsumprozesses stellen können, unter Einschluss grenzüberschreitender Sachverhalte.

Kapitel 1 behandelt die Grundlagen des Verbraucherschutzes und arbeitet die Schutzkonzeptionen des Verbraucherrechts heraus, dass letztlich eine (notwendige) Durchbrechung der Privatautonomie darstellt, indem der strukturell schwächeren Partei ein erhöhter rechtlicher Schutz zugebilligt wird, der die Kosten der Implementierung dieses Schutzniveaus grundsätzlich den Unternehmen aufbürdet, die sehr hoch sein können. Verbraucherschutz ist wirtschaftlich betrachtet durchaus ein betriebswirtschaftlicher Kostenfaktor. Das Verbraucherschutzrecht wird etwa auch von der Schutzkonzeption des Arbeitsrechts abgegrenzt. Da die §§ 13, 14 BGB für diesen Bereich die zentrale “Weichenstellung” beinhalten, wird auf die diversen Fallgruppen detailliert eingegangen, um sodann die supranationale und internationale Perspektive dieser Thematiken darzustellen, die einmündet in die Betrachtung eines künftigen internationalen Rechts eines nachhaltigen Konsums. Wie gesagt, beschäftigt sich das zweite Kapitel mit datenschutzrechtlichen Aspekten.

Das dritte Kapitel geht sehr detailliert auf den Verbraucherschutz im vovertraglichen Bereich ein, der intensiv von vorvertraglichen Informationspflichten geprägt ist.

Im Kapitel 4 wird die Thematik des Verbraucherschutzes im Vertriebsrecht behandelt und zwar in übergreifenden Überblicken für Außergeschäftsraumverträge, Fernsabsatzgeschäfte und E-Commerce unter Einschluss der Vertragsschlüsse über Mobilfunk. Das folgende Kapitel 5 geht eingehend auf die vertragstypenübergreifende Instrumente des Verbraucherschutzes wie AGB und Inhaltskontrolle, Widerrufsrecht und wiederum auf Informationspflichten, die in spezieller geregelten Bereichen modifiziert sein können.

Das Kapitel 6 enthält eine vollständige Übersicht über den Verbraucherschutz im Vertragsrecht und zwar jeweil für alle relevanten Vertragstypen, also Kaufrecht, Autokauf, Bauen und Wohnen, Versorgungsdienstleistungen, Finanzdienstleistungen, Versicherungen, Tourismus und Gesundheitsdienstleistungen, Teilzeitwohnrechte, Arztbehandlungsvertrag, Krankenhausbehandlungsvertrag und etliche Materien mehr, mit Praxishinweisen und Checklisten.

Kapitel 7 behandelt in Überblicken die Themenkreise Herstellergarantien, Produzentenhaftung und Produkthaftung, während Kapitel 8 Problemkreise der Rechtsdurchsetzung darstellt. Dargestellt werden hier alle Arten der Möglichkleit Rechte durchzusetzen und zwar unter Einschluss von Mediation und Schlichtung, alternative Streitbeilegungsverfahren sowie Muster – und Verbandsklagen. Erstmals dargestellt, wird die Musterfeststellungsklage mit ihren tiefgreifenden Problemen. Kapitel 9 erörtert Fragen des grenzüberschreitenden Verbraucherschutzes unter dem Vorzeichen des internationalen Privatrechts. Die Konzeption des Bandes ist gegenüber den Vorauflagen etwas verändert, trägt aber erneut zu einer Optimierung der Darstellung bei.

Das Handbuch bietet eine sehr umfassende, detaillierte, aber leicht verständliche Darstellung des gesamten Verbraucherschutzes und bietet für Beratungsituationen einen optimalen “Support”, der mit dieser Auflage erneut verbessert wurde.

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