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Rezensionen juristischer Literatur

Mobbing im öffentlichen Dienst

H.J. Honsa/Sandra Maurer, Mobbing und sexuelle Belästigung im öffentlichen Dienst, 3. Auflage, ESV, 2020

Eine Rezension zu:

Mobbing und sexuelle Belästigung im öffentlichen Dienst – Ursachen – Auswirkungen – Bekämpfungsstrategien

Mobbing und sexuelle Belästigung im öffentlichen Dienst

Ursachen – Auswirkungen – Bekämpfungsstrategien

Von Dipl.-Verwaltungswirt (FH) Hans-Jürgen Honsa und Rechtsanwältin Sandra Maurer
Buch: EUR (D) 74,00 * inkl. USt.
eBook: EUR (D) 67,40** PDF-Datei, ** inkl. USt.
3. Auflage
621 Seiten, 15,8 x 23,5 cm, kartoniert

ISBN 978-3-503-18843-7

www.ESV.info

Mobbing ist ein schwieriges und vielschichtiges Problem, dass nur schwer in den Griff zu bekommen ist. Die Ursachen sind vielfältig und sozialwissenschaftlich kaum hinreichend erforscht. Der Begriff selbst ist erst seit ca. 20 – 30 Jahren etabliert. Mobbing selbst mit seinen verschiedenen Unterarten wie Bossing ist ein Massenphänomen. Empirische Untersuchungen gehen von einer Mobbing-Quote von mindestens 3,5 % aller Erwerbstätigen aus. Mobbing findet auch im öffentlichen Dienst oder in der Politik statt. Mobbing findet oftmals „verdeckt“ statt und betroffene Institutionen geben hierzu nur schwer Auskunft. Die Auswirkungen werden verdrängt und ausgeblendet. Allerdings nicht in diesem Handbuch.

Das etablierte Handbuch geht an diese Phänomene umfassend heran und hinterfragt auch die heutigen Karrieremodelle auf mögliche Begünstigungen von Mobbing. Wo von Mobbing die Rede ist, muss auch von Macht gesprochen werden und dies geschieht in diesem Handbuch. Das erste Kapitel geht auf die Ursachen von Mobbing als dem „Killer der Betriebskultur“ ein. Entworfen wird eine Typologie des Mobbing die in den Kontext zur sexuellen Belästigung gesetzt wird. Im zweiten Kapitel geht es um die möglichen Auswirkungen, insbesondere gesundheitlicher Art, die unter anderem Depressionen und schwere Formen von Burn – Out hervorrufen können.

Die Ursachen sind vielfältig und beruhen unter anderem auf Konkurrenzdruck in Unternehmen und Behörden, gesteigerten Wertvorstellungen, inhumanem Führungsstil, diffusen Ängsten und Überforderung beruhen können, die bis hin zur Ausübung psychischer Gewalt reichen können. Die pyschischen Folgen sind vielfältig und reichen von Unwohlsein, gestörtem Lebensgefühl bis zu Depressionen und Suizid. Der Teil des Bandes geht umfassend auf den Bereich des öffentlichen Dienstes ein und zwar unter EWinschluss der Kirchen und privatisierten Strukturen, etwa in Form kommunaler Eigenbetriebe.

Die juristische Aufarbeitung ergibt bislang ein ernüchterndes Bild. Entschädigungen werden aufgrund der Darlegungs- und Beweislast und oft bestehenden Beweisschwierigkeiten seltener zugesprochen. Niemand ist in der Lage eine vernünftige Prognose abzugeben, ob eine Mobbing – Klage durchgeht, da die Arbeitsgerichte überlastet sind, zum Vergleich tendieren und Beweisaufnahmen mit Zeugen aus noch bestehenden Arbeitsverhältnissen schwierig sind. In vielen Fällen können sich Zeugen nicht zutreffend erinnern oder melden sich gleich krank. Viele Fälle werden außergerichtlich gelöst oder bei den Arbeitsgerichten verglichen. Möglicherweise ergeben sich im Zusammenhang mit dem Whistleblower-Schutz neue Möglichkeiten.

Das Praxishandbuch stellt umfassend alle Aspekte der in vielen Unternehmen und Behörden gegenwärtigen Problematik dar. Die 3. Auflage geht dabei auch sehr aktuellen Entwicklungen nach, die auch mit der Veränderung der Arbeitswelt und ihrer “Digitalisierung” zusammenhängen. So wird intensiv auf neue Phänomene wie Cyber-Mobbing, Social-Media-Mobbing, Bashing und Mobbing-Missbrauch eingegangen. Stets werden dabei auch Lösungsperspektiven aufgezeigt, da es letztlich nicht darum geht, die Probleme durch Prozesse zu “regeln”, sondern um Handlungsoptionen für die betrieblichen/behördlichen Akteure und die Mobbingopfer.

Die Kapitel D und E trennen die Perspektiven. In Kapitel D geht es um die Perspektive der Mitarbeiter unter Einbeziehung der schwerbehinderten Mitarbeiter. Hier werden auch die rechtlichen Aspekte stärker akzentuiert und zwar sowohl für das Beamtenrecht, das Richterrecht, das Soldatenrecht und das privat-rechtliche Arbeitsverhältnis mit den Besonderheiten des öffentlichen Dienstes, jeweils mit interessanten Fallbeispielen. In Teil E geht um die Fürsorgepflicht des Dienstherrn/Arbeitgebers bei Kenntnis von solchen Fällenund dem Aufbau einer innerbehördlichen Mobbing – Compliance und Einbeziehung des Personal – und Betriebsrates.

Teil F fragt danach, wie man diesen Teufelskreis durchbrechen kann und hier sind rechtliche Aspekte nur Aspekte unter anderen. Das Vertragspflichten zwischen Mobber und Gemobbten im Regelfall nicht bestehen, liegt der rechtliche Ansatz bei der deliktsrechtlichen Verletzung der Persönlichkeitsrechte, deren Einsatz in Form von Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen gegen Mobber für den Gemobbten während des bestehenden Arbeitsverhältnisses nicht ohne persönliches Risiko ist, weil die Kommunikationsverhältnisse sich dadurch noch weiter verschlechtern können. Geeignete Maßnahmen müssen in Mobbingfällen genau gegen mögliche Nachteile abgewogen werden und genau darauf geht dieses Kapitel näher. Es wird gezeigt, wie dokumentiert werden sollte, wie man ein betriebliches Netzwerk nutzen kann, was Selbsthilgegruppen leisten können und ob eine Therapie sinnvoll sein kann. Die Inanspruchnahme einer Rechtsberatung ist ein Aspekt von vielen.

Im Gegensatz zu vielen anderen Handbüchern zum Thema Mobbing beeinhaltet der Teil G eine intensive Dokumentation, die in dieser Form schwer zu finden ist. Dokumentiert werden sowohl die Forschungsansätze von Leymann und Wolmerath, der mehr als 100 verschiedene Formen von Mobbing unterscheidet. Es finden sich Vorschläge für Dienstanweisungen, Dienstvereinbarungen und vieles mehr. In Teil 7 geht es um „Politik und Justiz“ mit einer Bewertung der aktuellen rechtspolitischen Entwicklungen. Dokumentiert werden auch kritische Anmerkungen zu mal mehr mal weniger wegweisenden Urteilen in diesem Bereich. Sehr hilfreich ist der Anhang, der Hinweise zu Adressenlisten von Hilfsorganisationen, Mobbing – Telefonen, Mobbing – Kliniken und weiteren Anschriften gibt.

Die sehr praxisnahen Ausführungen zielen darauf, den Teufelskreis zu durchbrechen und die verheerende Auswirkungen auf Menschen und Volkswirtschaft einzudämmen. Das Buch ist stets realitätsnah, nachvollziehbar und verständlich geschrieben – mit einem Plädoyer für eine wertschätzende Führungs- und Betriebskultur!

Fragen, die sich Führungskräfte, Personal- und Betriebsräte aber auch Betroffene im Arbeitsalltag stellen, werden konkret beantwortet:

  • Wie erkenne ich einen Mobbingprozess bereits im Vorfeld und wie kann ich reagieren?
  • Wie sehen praxisnahe Strategien für eine Intervention im akuten Krisenfall aus?
  • Wie führe ich erfolgreiche Gespräche mit den Konfliktparteien?
  • Wie setze ich Konzepte zur Mobbingprävention mit Hilfe einer Dienst- bzw. Betriebsvereinbarung um?
  • Wie können Personal- und Betriebsrat konstruktiv und erfolgreich Mobbing bekämpfen?

Die Darstellung ist ungemein praxisnah und leicht verständlich geschrieben. Vorkenntnisse werden nicht voraussetzt. Das Handbuch bietet in einer überzeugenden dritten Auflage eine Vielzahl an Informationen für alle, die mit diesem Thema in Berührung kommen, auch und gerade für Betroffene und deren Berater.

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