Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch: Band 2, 4. Auflage, 2022, C.H.Beck
Eine Rezension zu:
Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch: §§ 263 – 297 StGB
4. Auflage
München: C.H.Beck, 2022, C.H.Beck, 1484 S., 339,00 Euro
Kommentar
Es besteht Gesamtabnahmepflicht: Vorteilspreis bei Gesamtabnahme aller 9 Bände der 4. Auflage
ISBN 978-3-406-74605-5
Der Band setzt die vierte Auflage des Münchener Kommentars zum Strafgesetzbuch fort und behandelt umfangreiche und sehr wesentliche Bereiche des Vermögens- und Wirtschaftsstrafrechts, da die §§ 263 – 297 StGB für diesen Bereich eine fundamentale Bedeutung haben. Die neue Auflage berücksichtigt sämtliche Änderungen seit Erscheinen der Vorauflage im Jahr 2019, die sich allerdings gesetzgeberisch in Grenzen halten. Der Münchener Kommentar zum StGB stellt die modernen Entwicklungen des Strafrechts wissenschaftlich vertieft dar, legt dabei aber großen Wert auf die Bedürfnisse der Praxis. Hier dient auch eine präzise Auswertung der Judikatur, die zu realitätsnahen Lösungsmodellen führt.
Die Schwerpunkte der Kommentierung folgen bereits daraus, dass mit dem Betrug und der Untreue die zentralen Vorschriften des Vermögens- und Wirtschaftsstrafrechts umfangreich kommentiert werden. Hinzu tritt die Computerkriminalität. Weitere Schwerpunkte stellen das Urkundenstrafrecht und die Insolvenzdelikte dar. Die Erläuterungen sind seit der ersten Auflage von dem Leitbild gekennzeichnet, dass die Strafvorschriften in einer Weise aufbereitet werden, dass dies Wissenschaft und Praxis gleichermaßen einen Gewinn bringt. Dies verlangt umfassende, detailreiche Erläuterungen. Der Kommentar hat den Stand von Ende November 2021.
In der 4. Auflage wird erneut die gesamte Kommentierung umfassend aktualisiert, neue Fragestellungen (beispielsweise »COVID«, »Diesel«) werden in zahlreichen Kommentierungen aufgearbeitet. Mit ausführlicher Darstellung der Interims-Rechtslage bis 23.11.2021 bzgl. der Fälschung von Impfausweisen, die zahlreiche Gerichte in der kommenden Zeit beschäftigen wird. Die Kommentierung des § 277 StGB – Fälschung von Gesundheitszeugnissen – greift die aktuellen Entwicklungen auf. Diese Norm stammte ursprünglich noch aus dem Jahr 1871, wurde aber inzwischen reformiert: Vorschrift neugefaßt durch das Gesetz zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze anlässlich der Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 22.11.2021 (BGBl. I S. 4906), in Kraft getreten am 24.11.2021. Die Verschärfung betrifft zentral die Einführung des Abs.2 mit einer Erhöhung der Strafdrohung wegen gewerbsmäßigen Handels. Die Erläuterung setzt sich mit dieser Privilegierung der Urkundenfälschung intensiv auseinander und sieht hier dringenden Reformbedarf, weil für Abs.1 schlechthin kein vernünftiger Grund ersichtlich ist, im Gegensatz zu dem Sonderdelikt des § 278 StgB. Es war immer schon einer Stärke dieses Kommentars rechtspolitische Argumente aufzugreifen und rechtspolitische Kritik zu üben. Bereits diese Kommentierungen zeigen, dass dieser Kommentar herangezogen werden sollte, wenn es etwas komplizierter wird.
Die Kommentierungen enthalten Erläuterungen in einer wissenschaftlichen Tiefe, die sehr beeindruckend ist. Beispielsweise die Erläuterungen des § 266 StGB, greifen den Streit um die Tatbestandsstruktur mit den vier noch dazu vertretenen Theorien aktiv auf und erklären die beiden Tathandlungen entlang einer detaillierten Diskussion des aktuellen Standes in der Rechtsprechung. Besonders interessant ist der Teil IV, der aktuelle und besondere Fallkonstellationen behandelt, „Schwarze Kassen“, Parteispenden, Haushaltsuntreue, KV, Sponsoring, Vorstands- und Aufsichtsratsvergütungen, Kick-Back-Zahlungen und Untreue im Konzern.
Die Kommentierung des § 263 StGB zieht sich mit gutem Grund über 400 Druckseiten, mit ausführlichem Stichwortverzeichnis und geht auf wirkliche alle Details ein, von der Gesetzgebungsgeschichte, über Reformvorschläge, Einflüssen des Unionsrechts bis hin den Schwierigkeiten bei der Schadensermittlung, mit den hier bestehenden Streitfragen.
Beim Computerbetrug wird die Einführung einer Vorbereitungsstrafbarkeit in § 263 a Abs. 3 StGB eingehend erstkommentiert und die Entwicklung des Computerbetrugs wegen permanenter Veränderungen der Technologie auch für diesen Bereich nachvollziehbar gemacht. Die Kommentierungen gehen übrigens alle auch auf kriminologische Aspekte ein.
Die Kommentierungen sind möglichst einheitlich aufgebaut und geben zunächst einen Überblick über den Regelungszusammenhang, erläutern dann die jeweilige Norm, gehen auf Fragen des internationalen Strafrechts, auf Fragen von Täterschaft und Teilnahme nebst Konkurrenzen ein und werfen einen Blick auf Parallelvorschriften. Der Satz ist wie gewohnt sehr leserfreundlich.
Die Kommentierungen sind alle sehr detailliert und gehen auf alle aktuellen Entwicklungen intensiv ein.
Wer mit Strafrecht intensiv zu tun hat, wird diesen Kommentar nicht missen wollen, der die für diesen Band relevanten Materien in einer gewohnt exzellenten und praxisbetonten Qualität sehr informationsreich detailiert erläutert.