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Rezensionen juristischer Literatur

Praxisfragen der Testamentsvollstreckung

W. Zimmermann, Die Testamentsvollstreckung, 6. Aufl., 2023, ESV

Eine Rezension zu:

Die Testamentsvollstreckung – Handbuch für die gerichtliche, anwaltliche und notarielle Praxis

 Walter Zimmermann

Die Testamentsvollstreckung

Handbuch für die gerichtliche, anwaltliche und notarielle Praxis

Reihe: Berliner Handbücher

 Von Prof. Dr. Dr. h.c. Walter Zimmermann, Honorarprofessor an der Universität Regensburg, Vizepräsident des Landgerichts a. D.

6. Auflage

Berlin: Erich-Schmidt-Verlag (ESV), 2023, 570 S., 98,00 € inkl. MwSt.

ISBN 978-3-503-21214-9

www.ESV.info

Der Verfasser, früher Vizepräsident des LG Passau und führender Experte im Erbrecht, befasst sich mit seiner nunmehr in sechster Auflage vorgelegten Buchveröffentlichung mit der Rechtsstellung der an einer Testamentsvollstreckung Beteiligten: Erblasser, Erbe, Testamentsvollstrecker und Nachlassgericht. Das vollständig aktualisierte Werk behandelt alle wichtigen Fragen rund um die – gar nicht seltene – Testamentsvollstreckung.  Der Verfasser erörtert sehr anschaulich und verständlich Verfahren, Zuständigkeit und Kostenfragen inklusive vieler Sonderthemen im Zusammenhang mit der Testamentsvollstreckung, die grundsätzliche alle erbrechtlichen Themen betreffen kann. Dabei werden selbstredend auch die Verfahrens – und Kostenvorschriften detailliert berücksichtigt, von denen das FamFG, das GNotKG und die EuErbVO. Formulierungshinweise für Erblasser und deren Berater bieten nützliche Ergänzungen für den Einzelfall.

Das umfassende Handbuch geht auf die wichtigsten Möglichkeiten ein, die der Erblasser hat, durch Anordnung von Testamentsvollstreckung post mortem über das Schicksal seines Vermögens noch lange Zeit zu bestimmen und seinen Willen auch noch danach durchzusetzen und die Lebenden durch den letzten Willen wenigstens auf lange Zeit zu binden, was sich mitunter auch auf folgende Generationen auswirken kann. Insbesondere bei Unternehmertestamenten wird davon oft Gebrauch gemacht. Bei den ernannten Testamentsvollstreckern handelt es sich nicht selten um den Erblassern intensiv verbundene Personen und Berater. Die Anzahl der Anordnungen der Testamentsvollstreckungen soll bei etwa 2 % liegen; Tendenz steigend.

Neu in der 6. Auflage:

  • Superbefreite Testamentsvollstrecker
  • Konkurrenz mit Bevollmächtigten (Vorsorgevollmacht)
  • Änderungen durch das seit 2023 reformierte Betreuungsrecht

Das Buch bildet sehr praxisnahe Schwerpunkte:

  • Testamentsvollstrecker – Ernennung, Annahme und Ablehnung des Amts, Stellung, Aufgaben, Haftung
  • Bestellung mehrerer Testamentsvollstrecker
  • Ausführung der letztwilligen Verfügung des Erblassers
  • Testamentsvollstreckung im Handels- und Gesellschaftsrecht
  • Beendigung der Testamentsvollstreckung
  • Steuerliche Fragen
  • Stellung der Gläubiger
  • Nachlassinsolvenzverfahren
  • Aufgaben des Nachlassgerichts und des Grundbuchamtes

Vertiefte Aspekte in der 6. Auflage:

  • Spielraum des Erben im Rechtsverhältnis zum Testamentsvollstrecker
  • Kompetenzverteilung zwischen Grundbuchamt und Nachlassgericht
  • Ablehnung der Eintragung des Testamentsvollstreckervermerks ins Grundbuch
  • Staatshaftung
  • Errichtung einer Stiftung
  • Internationale Zuständigkeit nach Art. 4 ff EuErbVO.

Wie diese Auflistung zeigt hat der Verfasser das Themenspektrum gegenüber der Vorauflage erneut deutlich erweitert. Die Bücher des Verfassers bestechen alle durch eine ausgefeilte Systematik und eine Konzentration auf das Wesentliche, bei intensiver Diskussion von Beispielen aus der Rechtsprechung. Das hier präsentierte Wissen ist für einen erfahrenen Praktiker sofort umsetzbar.

Testamentsvollstreckungsanordnungen spielen in ihrer Bedeutung für die Praxis gegenwärtig eine bedeutende Rolle, nachdem dieses Rechtsinstitut ohnehin eine jahrhundertealte Tradition aufweist, die insbesondere vom kanonischen Recht geprägt worden ist. Das ausgezeichnete Handbuch ist auf eine umfassende Gesamtschau hin angelegt. So werden etwa im Kapitel über die Anordnung der Testamentsvollstreckung auch deren Grenzen eingehend thematisiert, wobei auch auf ungeeignete Testamentsvollstrecker eingegangen wird, die einem hin und wieder begegnen.

Das wirft die interessante Frage nach den Spielräumen der Erben auf, die jetzt vertiefter behandelt wird, wobei insbesondere auf bestehende, eigene Auskunftsrechte gegen Dritten durch die Erben eingegangen wird. Auch auf die Möglichkeiten des Miterben, die ein Alleinerbe nicht hat, nach § 2033 BGB wird hingewiesen. Natürlich wird auch intensiv darauf eingegangen, welche Möglichkeiten der Abwehr gegen eine unerwünschte Testamentsvollstreckung überhaupt bestehen.  Besonders praxisnah wird es etwa für den erbrechtlich tätigen Leser aus Anwaltskreisen bei der Behandlung der Abwehr einer unerwünschten Testamentsvollstreckung, da der Erbe – wie Zimmermann trefflich formuliert – selten erfreut sein dürfte über die Vollstreckungsanordnung. Dazu muß man das Testament als solches angreifen, sofern die letztwillige Verfügung nicht nur in diesem Teil unwirksam oder anfechtbar ist, wenn dies Aussicht auf Erfolg verspricht.

Keinesfalls endet die Abwicklungsvollstreckung automatisch nach 30 Jahren, wie oftmals verbreitet wird, sondern dies gilt nur für die Verwaltungsvollstreckung, wie klar dargelegt wird. Im Zusammenhang mit der Dauervollstreckung (Rn. 150) werden die damit zusammenhängenden Probleme deutlich, die davon abhängen wie die Testamentsvollstreckung konkret als gesetzliches Schuldverhältnis begründet und ausgestaltet wurde. Diese Konstruktionen finden sich oftmals im Zusammenhang mit Stiftungen, die in dieser Auflage ebenfalls vertiefter behandelt werden als zuvor. Wie der Verfasser treffend formuliert rühren die hier bestehenden Schwierigkeiten oftmals von mangelhaften Testamenten her, über die manchmal Verwunderung entstehen kann.

Eines der interessantesten Kapitel des Buches widmet sich der Rechtsstellung des Testamentsvollstreckers, wobei insbesondere auch die Konkurrenz desselben mit anderen Funktionsträgern eingehend dargestellt wird. Zahlreiche Problemfälle betreffen die Eintragung in öffentliche Register und deren Löschung, weshalb diesem praktisch sehr wichtigen Themenkomplex ein eigenes Kapitel gewidmet ist, das sich insbesondere mit Bezügen zum Grundbuchrecht auseinandersetzt. Sehr interessant sind in diesem Zusammenhang die Ausführungen zu den Möglichkeiten einer Eintragung des Testamentsvollstreckers in das Handelsregister, die lange umstritten waren, wobei der BGH vor einigen Jahren eine Eintragungsfähigkeit bei einer Dauerzangsvollstreckung an einem Kommanditanteil befürwortet hat. Weitere Einzelheiten zu diesen Bereichen finden sich in den Kapitel zu den Zusammenhängen zwischen Gesellschaftsrecht und Testamentsvollstreckung.

Die einzelnen Kapitel – auf die nicht alle eingegangen werden kann – überzeugen insbesondere aufgrund der ständigen Berücksichtigung des jeweils einschlägigen Prozessrechts in ihrer Verzahnung mit dem materiellen Recht. Dies wird besonders deutlich im Kapitel über die Aufgaben des Gerichts bei der Testamentsvollstreckung, das einen raschen Überblick über die Kompetenzen und Funktionen erlaubt, was angesichts der Gemengelage von ZPO und FamFG in diesem Bereich von äußerster Praxisrelevanz ist. Streitträchtig zwischen den Erben und dem Testamentsvollstrecker ist der Bereich der konkreten Verwaltungstätigkeit des Vollstreckers, einem der weiteren Höhepunkte – des an solchen nicht armen – Werkes, da regelmäßig eine Spaltung zwischen Eigentumsposition des Erben und den Verwaltungskompetenzen des Testamentsvollstreckers entsteht, der über einzelne Nachlassgegenstände regelmäßig verfügen kann, nicht aber über einen Erbanteil als solches. Das vielleicht brisanteste Kapitel behandelt die Testamentsvollstreckung im Handels- und Gesellschaftsrecht. Zimmermann schlägt hier praxisnahe Lösungen auf der Basis der inzwischen einigermaßen gefestigten BGH-Rechtsprechung vor. Gleichwohl sind immer noch sehr viele Fragen in diesem Bereich höchst umstritten. Wie komplex das Thema ist, zeigt sich etwa bei der Testamentsvollstreckung an einem vererbten GbR-Anteil (Änderungen zum 01.01.2024 sind berücksichtigt), die nach wohl herrschender Auffassung zur Anteilsspaltung führen soll, was unter gesellschaftsrechtlichen Aspekten nicht immer sachgerecht sein muss (sofern nicht etwa berufsrechtliche Gründe dem entgegenstehen). Diese mißliche Situation wird weitgehend dadurch vermieden, dass sich die Testamentsvollstreckung auf die mit dem Anteil verbundenen Verwaltungsrechte nicht beziehen kann. Hier ist vieles – wie der Verfasser selbst ausführt – dunkel und unklar.

Behandelt werden – sehr intensiv – auch steuerrechtliche Fragen auf der Basis der aktuellen Fassung des ErbStG mit seinen vielen Zweifelsfragen in einem vorzüglichen Kapitel, ebenso wie die Stellung des Testamentsvollstreckers im Prozess, seine Haftung und die Beendigung des Testamentsvollstreckung.

Die Neuauflage beinhaltet erneut zahlreiche Ergänzungen und berücksichtigt zahlreiche Gesetzesänderungen. Die Rspr. wird detailliert ausgewertet.  Entwicklungen in Literatur und Rechtsprechung fanden eingehende Beachtung. Am Ende finden sich Klausel Vorschläge für Testamentsvollstreckungsanordnungen, zusammen gefasst in einer Art Checkliste.

Der Verfasser stellt diese vielschichtige und schwierige Materie in diesem führenden Werk zur Testamentsvollstreckung umfassend dar und verdient  für diese ausgezeichnete Darstellung erneut höchste Beachtung.

 

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