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Rezensionen juristischer Literatur

Arbeitsrecht im Wandel der Zeit

Reinhard Richardi, Arbeitsrecht im Wandel der Zeit, Erstauflage, 2019, C.H.Beck

Eine Rezension zu:

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Reinhard Richardi

Arbeitsrecht im Wandel der Zeit

Chronik des deutschen Arbeitsrecht

Erstauflage

München: C.H.Beck, 2019, 194 S., 29,80 inkl. MwSt.

ISBN 978-3-406-74304-7

www.beck-shop.de

Ab wann für Deutschland überhaupt von einem Arbeitsrecht gesprochen werden kann, ist umstritten, aber Verfasser dieses ungemein lesenswerten Buches, macht dazu schon optisch einen Vorschlag, bevor der eigentliche Text beginnt, mit einem Faksimile der Bekanntmachung der Gewerbeordnung aus dem Gesetzblatt des Norddeutschen Bundes von 1869. Es ist immer schwierig Entwicklungen an einem Datum festzumachen, aber es fällt sicherlich in diesen Zeitraum.

Der erste Abschnitt dieses Buches widmet sich nicht ohne Grund in Teil A. der “Bedeutung des historischen Hintergrundes für das Verständnis des Arbeitsrechtes”, das vor erheblichen Aufgaben aufgrund der Veränderungen der Arbeitswelt vor dem Hintergrund der Digitalisierung, der Nutzung von Robotern und KI steht. Nicht zuletzt ein Grund, einmal zurück zu schauen. Das Arbeitsrecht lässt sich der Tat nur verstehen, wenn die historischen Hintergründe seiner Entwicklung im ständigen Konflikt zwischen den Interessen der Arbeitnehmer, der Arbeitgeber und des Staates, der auch Arbeitgeber ist, nicht bekannt sind. Diese Entwicklungen berühren auch die arbeitsrechtliche Dogmatik, etwa des Arbeitskampfrechts.

Der Teil B des ersten Abschnitts behandelt die historischen Grundlagen. Ausgehend von der feudalen Gesellschaftsstruktur, die noch keine lohnabhängige Arbeit kannte, über die ständischen Regelungen im allgemeinen Preußischen Landrecht, bis zu den ersten Ansätzen zur Entwicklung einer paritätischen Arbeitsverfassung werden hier unter besonderer Betonung des Sieges der Tarifvertragsidee die Grundlagen gelegt. Teil C. geht auf die Entwicklung des Arbeitsrechts als eigenständiges Rechtsgebiet eingehend ein. Ähnlich wie noch wesentlich länger in England dauerte es bis sich das Arbeitsrecht als eigenständige Disziplin etablierte, da das BGB die bekannte Kodifikationslücke enthielt. Erinnert wird etwa auch an die erste zusammenhängende Darstellung des Arbeitsrechts durch Hugo Sinzheimer im Jahr 1927 und eine erste Etablierung des Arbeitsrechts als mit dem Zivilrecht verbundenen Teilrechtsgebietes.

Der zweite Abschnitt widmet sich den Entwicklungen des Arbeitsrechts in der Weimarer Republik und als Phase der Regression im “Dritten Reich”, obei etwa die Thesen von Wolfgang Siebert in diesem Zusammenhang behandelt werden, der den Arbeitsvertrag durch ein staatsgelenktes Treueverhältnis ablösen wollte, das sich in der führenden Darstellung jener Zeit fortgesetzt hat. Vertiefter behandelt wird im dritten Abschnitt das Arbeitsrecht im Nachkriegsdeutschland und hinsichtlich der Teilung Deutschlands behandelt unter vertiefter Hervorhebung der Einflüsse von Alfred Hueck und Hans Carl Nipperdey, dem ersten Präsidenten des BAG. Das weitere Kapitel in diesem Band geht denn auch erwartungsgemäß auf die prägende Funktion des BAG als dem höchsten Bundesgericht für diesen Bereich ein, wobei besonders die Grundlagen herausgearbeitet werden, auch anhand konkreter Beispiele, etwa zum Streikrecht und zum Arbeitskampfrecht. Das BGH wird nicht ohne Grund als “Motor und Bewahrer” des Arbeitsrechts bezeichnet, wobei allerdings auch die Rolle des Richterrechts im Arbeitsrecht gewürdigt wird, die eben nicht nur negative Seiten hat.

Im vierten Abschnitt wird eingehend die Schaffung einer einheitlichen Arbeitsrechtsordnung nach der Wiedervereinigung dargestellt, wobei besonders die Regelungen des Einigungsvertrages und Veränderungen nach dem Beitritt eingegangen wird. Herausgestellt wird das wieder gescheiterte und mutmasslich derzeit aufgegebene Bestreben nach einer Kodifikation in einem Arbeitsgesetzbuch, um sodann überzuleiten auf sehr aktuelle Entwicklungen wie die arbeitsrechtliche Bewältigung von Unternehmensumstrukturierungen. In dem Resümee wird weiter auf aktuelle Entwicklungen eingegangen, so auf die Wirkungen des MindestlohnG und auf die in der Tat fragwürdige Kodifizierung des Arbeitnehmerbegriffs in § 611 a BGB, der auf die persönliche Abhängig abstellt, eine Diskussion, die bereits in den 20ger Jahren geführt wurde. Der Verfasser schreibt dazu treffend: “Beim Rückgriff auf das römische Recht ist es die locatio conductio operarum, nicht die lacatio conductio operis, die eine sinnvolle Grenze für die Geltung des Arbeitsrechts zieht. Das ist alter Erkenntnisstand, den auch “Arbeiten 4.0″ nicht widerlegt”. Am Ende des Buches steht ein beeindruckendes Literaturverzeichnis.

Der Leser wird mit diesem hochinteressanten Band über die Geschichte des Arbeitsrechts auf eine informative und spannende Reise mitgenommen, die zeigt, was das Arbeitsrecht geleistet hat und weiter leisten kann.

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