Helm/Bundschuh/Wulf (Hrsg.), Arbeitsrechtliche Beratungspraxis in Krisenzeiten, Erstauflage, 2020, NOMOS
Eine Rezension zu:
Rüdiger Helm | Veronica Bundschuh | Manfred Wulff (Hrsg.)
Arbeitsrechtliche Beratungspraxis in Krisenzeiten
ISBN 978-3-8487-7613-9
Die COVID19 – Pandemie hat erhebliche Einflüsse auf bestehende Arbeitsverhältnisse. Noch nie gab es in der Bundesrepublik Deutschland derartig viel Kurzarbeit. Das neue Handbuch lotet die in dieser Krise bestehenden gegenseitigen Verpflichtungen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern aus und bemüht sich um Ausgewogenheit. Die Rahmenbedingungen können sich gesteuert durch den infektionsrechtlichen Rechtsrahmen ständig verändern, so dass dem Thema Arbeitsschutz in diesem Band breiter Raum eingeräumt wird. Die Argumentationen lassen sich auf etwaige andere Pandemiesituationen übertragen.
Das Beratungshandbuch geht auf alle drängenden Fragen ein und hilft, pandemiebedingte Entscheidungen juristisch überzeugend zu treffen. Es bündelt in der Corona-Krise das gemeinsame Wissen des Netzwerks ArbeitnehmerAnwälte, das bundesweit die Praxiserfahrungen aus Beratung und betrieblicher Praxis einbringt.
Die Darstellung setzt überzeugende Schwerpunkte und stellt in 23 Kapiteln alle wichtigen arbeitsrechtlichen Aspekte dar, die sich aus Pandemiesituationen ergeben können. Dazu zählen insbesondere:
• Arbeits- und Infektionsschutzrecht
• Homeoffice
• Entgeltfortzahlung
• Pandemie-Mehrarbeit, Sonntagsarbeit und Überbeanspruchung
• Dienstverpflichtung durch den Staat
• Corona-Kündigungen
• Corona-Befristungen
• Ausbildungsverhältnisse
• Arbeitszeit(verteilung)
• Pandemie-Kurzarbeit
• Urlaub und Urlaubsschutz
• Pandemie-, (Eil-)Arbeits- und Gesundheitsschutz
• Betriebsänderungen/Sozialplan
• Personalvertretungsrechtliche Besonderheiten.
Alle Kapitel sind problem – und lösungsorientiert abgefasst. Das erste Kapitel bietet eine Übersicht, wie COVID19 das Arbeitsrechtssystem insgesamt belastet, wobei ein Ende derzeit nicht erkennbar ist. Die Probleme eines zweiten Lockdowns werden hier überzeugend angesprochen. Der Lockdown hat vielfältige Ausführungen, von denen keine wirtschaftlich positiv ist, aber dem Gesundheitsschutz dienen kann. Das zweite Kapitel geht auf die Zusammenhänge von Quarantäne, Infektionsschutz und Entgeltfortzahlung pointiert ein. Wie das dritte Kapitel zeigt, schränken die infektionsrechtlichen Regelungen das Weisungsrecht der Arbeitgeber intensiv ein, wobei alle Einzelfälle erörtert werden. Die folgenden Kapitel gehen auf Besonderheiten für bestimmte Bereiche ein, so auf die Arbeitspflicht in Zeiten der Pandemie, verbliebene Kündigungsmöglichkeiten, das Recht auf Urlaub und sehr pointiert auf das Thema Kurzarbeit. Die Voraussetzungen und die Höhe des KUG nach §§ 95 ff SGB III und §§ 323, 325 SGB III werden plastisch erörtert.
Kapitel 8 geht auf die Möglichkeiten ein, Homeofficearbeiten einzuführen, deren Möglichkeiten einer einseitigen Anordnung sehr eingeschränkt sind, auch wenn dies teilweise vertreten wird. Das Kapitel gibt einen fundierten Überblick über den aktuellen Diskussionsstand unter Einbeziehung der vorhandenen Rechtsprechung hierzu.
Weitere Kapitel beschäftigen sich mit den Einflüssen auf Ausbildungsverhältnisse, Dienstverpflichtungen zur Pandemiebekämpfung und Sonntagsarbeit. Da aufgrund des Art. 11 der EU – Rahmenrichtlinie Arbeitsschutz die Arbeitervertretung zwingend zu beteiligen ist, beschäftigen die folgenden Kapitel intensiv mit den Beteiligungsrechten der Arbeitnehmervertretung, unter Einschluss der Durchführung von Betriebsratswahlen, der Kommunikation im Betrieb, Gewerkschaftsrechten und den geänderten Rechtsgrundlagen für die Beschlussfassung des Betriebsrats. § 17 geht intensiv darauf ein, welche Besonderheiten bei den Beteiligungsrechten bestehen, besonders in Ansehung der Mitwirkungsmöglichkeiten des § 87 BetrVG. Weiter eingegangen wird auf Eilfälle und es wird eine kollektivrechtliche Betrachtung der Verteilung der Arbeitszeit mit Blick auf das Individualarbeitsrecht vorgenommen. Dieser Faden wird im folgenden Kapitel über die Möglichkeiten eines Abschlusses von Betriebsvereinbarungen für Pandemie-Situationen aufgenommen und es wird gezeigt, welche Optionen sich hier eröffnen können. § 21 geht insbesondere auf Möglichkeiten der Durchsetzung eines Eilarbeitsschutzes ein, ggf. mit gerichtlicher Inanspruchnahme, aber auch die Vorschlagsrechte des § 92 a BetrVG werden thematisiert. Der Band schließt mit einer Betrachtung zu etwaigen, pandemiebedingten Betriebsänderungen, etwa bei Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden.
Das Handbuch behandelt Individual- und kollektivrechtliche Brennpunkte parallel und unter Bezugnahme auf die Schnittstellen. Fragestellungen z. B. speziell für Beschäftigte in der Lebensmittelproduktion und im Lebensmittelhandel, in Apotheken, Arztpraxen und Krankenhäusern, berücksichtigen Mitbestimmungs- und Gewerkschaftsrechte. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Fragen der Beschlussfassung, den Betriebsratsrechten und den Möglichkeiten des Einigungsstellenverfahrens in der Pandemie.
Der überzeugend konzipierte Band bietet alle arbeitsrechtlichen Informationen aus Arbeitnehmersicht, die sich in einer Pandemiesituationen in der Praxis relevant werden können.