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Rezensionen juristischer Literatur

Eine Übersicht über die EU – Grundrechte

Hans D. Jarass/Martin Kment, EU – Grundrechte, 2. Auflage, C.H.Beck, 2019

Eine Rezension zu:

Abbildung von Jarass / Kment | EU-Grundrechte | 2. Auflage | 2019

Hans D. Jarass/Martin Kment

EU – Grundrechte

2. Auflage

München: C. H. Beck, 2019, 444 S., Euro 59,00 Euro inkl. MwSt.

 Reihe: Studium und Praxis

ISBN 978-3-406-73146-4

www.beck-shop.de

Als die erste Auflage dieses Bandes im Jahr 2005 erschien, beruhte der EU – Grundrechtsschutz auf verschiedenen Rechtsquellen. Dies ist zwar im Grundsatz immer noch so, aber der heute entscheidende Text ist die EU-Grundrechtecharta, die im Zentrum der Darstellung steht, nachdem der im Jahr 2000 erarbeiteten Charta inzwischen Rechtsverbindlichkeit zukommt, wie aus Art. 6 Abs.1 UAbs. 1 EUV seit dem Jahr 2009 folgt. Die Entwicklungen, Zusammenhänge und Rechtsquellen werden in Teil I des Bandes systematisch entfaltet und europarechtlich eingeordnet. Die EU-Grundrechte haben in der Spruchpraxis des EuGH eine erhebliche Bedeutung und wirken sich auch auf die Verfassungspraxis der Mitgliedsstaaten der EU aus.

Die erste Auflage hatte in diesem Bereich Pionierarbeit geleistet, da zuvor eine solche Darstellung fehlte. Das Buch hat jetzt zwar einen neuen Verfasser, der die verfeinerte Konzeption aber im Grundsatz fortführt und die Pionierarbeit der ersten in einem schwierigen Bereich weiter führt. Neu sind im Text Verständnisfragen und Leitfälle.

Im Rahmen der Darstellung der Charta – Grundrechte wird intensiv auf die Rspr. des EuGH eingegangen, jedoch die Rspr. des EGMR zur EMRK ständig beachtet, da diese die Charta erheblich beeinflusst hat. Der Text lässt sich – auch ausweislich der im Anhang abgedruckten Erläuterungen des Präsidiums des Europäischen Konvents als Interpretationshilfe – davon leiten, dass die Grundrechte Europas für die Entwicklung der Europäischen Union von fundamentaler Bedeutung sind und ihr Schicksal nicht zuletzt von der Einhaltung dieser Standards und der damit verbundenen rechtsstaatlichen Garantien und demokratischen Rechte abhängt.

Das Werk stellt den Grundrechtsschutz in der EU übersichtlich dar, basierend auf der Charta der Grundrechte der EU. Die Rechtsprechung des EuGH und die des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zur EMRK ist vollständig ausgewertet. Eingehend erläutert werden auch die Regelungen, die über die Grundrechte des Grundgesetzes hinausgehen, u.a.

 

  • der Schutz personenbezogener Daten
  • das Recht auf Bildung
  • Rechte der Kinder und Älteren
  • die Gewährleistungen zum individuellen Arbeitsrecht sowie
  • das Recht auf eine gute Verwaltung.

 

Die umfassende Darstellung informiert auch über die allgemeinen Grundlagen des Europäischen Verfassungsrechts, insbesondere über

 

  • die Rechts- und Rechtserkenntnisquellen der EU-Grundrechte
  • Verbindlichkeit, unmittelbare Geltung und Vorrang der EU-Grundrechte sowie über deren Verhältnis zu Grundrechten des nationalen Rechts und des Völkerrechts
  • die Adressaten und Träger der EU-Grundrechte

 

Die 2. Auflage berücksichtigt Rechtsprechung und Schrifttum bis Herbst 2018. Die Darstellung enthält erneut eine interessante und sehr aktuelle Schwerpunktsetzung, orientiert an aktuellen Entscheidungen des EuGH. Sie betreffen etwa folgende Entscheidungen:

 

  • Bindung der Mitgliedsstaaten an vorangegangene Bestrafung (ne bis in idem)
  • Kartellrechtliche Rahmenbedingungen des Internet-Vertriebs
  • Übertragbarkeit personenbezogener Daten durch Social Media
  • Kündigung durch kirchlichen Arbeitgeber wegen Wiederheirat
  • Einrichtung von Transitzonen in Ungarn
  • Zwangspensionierung von Richtern in Polen.

 

Der erste Teil behandelt Grundlagenfragen. Dargestellt wird die Geschichte der Charta, die Rechtsquellenlehre und die Grundrechtsprüfung, wie bereits dargestellt. Die weiteren sechs Teile des Bandes orientieren sich an Normengruppen, die Grundrechtszusammenhänge herstellen.

Teil II geht auf das elementare Grundprinzip aller westlichen Verfassungsordnungen und der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte intensiv ein und stellt die Würde des Menschen als das tragende Grundrechtsprinzip heraus. Dies kommt im strikten Verbot der Todesstrafe klar zum Ausdruck.

Im Teil III werden in 13 Unterabschnitten die einzelnen Freiheitsgrundrechte dargestellt, die in all ihren Ausprägungen dargestellt werden, insoweit dem Grundgesetz sehr vergleichbar. Teil IV behandelt die Gleichheitsgrundsätze in fünf Abschnitten unter Einschluss der Diskrimierungsverbote, während Teil V den schwierig darzustellenden Bereich der Solidarität darstellt. Hierzu zählen insbesondere sozialstaatliche Garantien, aber auch grundlegende arbeitsrechtliche Prinzipien, der Umweltschutz und weitere Ausprägenden dieses weitreichenden Prinips. Hierbei handelt es sich allerdings teilweise um reine Programmsätze, denen kaum individualrechtlicher Charakter zukommt, die aber dennoch eine hohe verfassungspolitische Wirkung haben.

Teil VI wendet sich den Bürgerrechten zu, die sich unmittelbar auf Teilhabe am Staat richten. Auch hier stellt aber das “Recht auf eine gute Verwaltung” eher einen Programmsatz dar. Vertieft behandelt wird auch der konsularische und diplomatische Schutz mit den Fragen der Immunität. Es folgt eine Analyse der justiziellen Grundrechte, die sich insbesondere mit dem Rechtsschutzniveau auseinander setzt.

Der Band wendet sich sowohl an Richter, Verwaltungsbeamte, Rechtsanwälte, Hochschullehrer, Rechtsreferendare und Studierende.

Die Darstellung enthält eine wissenschaftlich fundierte und sehr gut verständliche Darstellung der Inhalte der Grundrechte-Charta und gibt einen vollständigenr Überblick über den Grundrechtsschutz in Europa, beruhend auf einer kompletten Auswertung der höchstrichterlichen Rechtsprechung.

Das Werk bietet eine äußerst interessante und profunde Analyse der Europäischen Grundrechte auf der Basis der Charta der Grundrechte.

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