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Rezensionen juristischer Literatur

Europäischer Verwaltungsrechtsschutz: Handbuch

O. Dörr/C. Lenz, Europäischer Verwaltungsrechtsschutz, 2. Aufl., 2019, NOMOS

Eine Rezension zu:

 Dörr / Lenz | Europäischer Verwaltungsrechtsschutz | Cover

 Oliver Dörr / Christofer Lenz

Europäischer Verwaltungsrechtsschutz

Von Prof. Dr Oliver Dörr, LL.M., RA Dr. Christofer Lenz, FAVerwR

2. Auflage

Reihe: PRAXISEUROPARECHT

Baden-Baden: NOMOS, 2019, 523 S., Gebunden, 89,00 Euro inkl. MwSt.

ISBN 978-3-8329-6519-8

www.nomos-shop.de

Das in Neuauflage vorliegende Handbuch stellt die drei Stufen des europäischen Rechtsschutzes dar. Längst ist das kein “abgelegenes” Thema mehr. Es kann etwa sehr schnell geschehen, dass man in einem Rechtsstreit – ob Zivilrecht oder Verwaltungsrecht – eine Vorlage an den EuGH beantragen muss. Das Werk beruht ursprünglich auf einem Beitrag von Oliver Dörr zur ersten Auflage des VwGO – Kommentars von Helge Sodan und Jan Ziekow im gleichen Verlag. Die nunmehr vorgelegte Fassung wurde von Christofer überarbeitet, erweitert, aktualisiert und entsprechend ergänzt und zwar aus der Perspektive des europarechtlich tätigen Rechtsanwalts. Es ist das Ziel des ambitionierten Handbuches die wissenschaftliche Durchdringung des Stoffes mit ihrer praktischen Handhabung zu verbinden und das Letztere funktioniert nicht ohne das Erstere.

Verwaltungshandeln ist heute in weiten Teilen europäisch oder zumindest von Europarecht stark beeinflusst. Es gibt ein originär europäisches Verwaltungshandeln der Behörden der Europäischen Union oder deren Körperschaften, mit oftmals innerstaatlichen Auswirkungen, und eine je nationale Anwendung europäischen Rechts entweder bei Verordnungen oder nach Umsetzung von Richtlinien oder in sonstigen Bereichen. Der Unionsrechtsvollzug ist nahezu vollständig europäisiert und unterliegt den Vorgaben des EU-Rechts. Infolgedessen besteht jeder Anlass für eine kompakte Darstellung des Europäischen Verwaltungsrechtsschutzes wie er mit diesem Band vorgelegt wird.

Der Inhalt besteht aus drei Teilen, deren erster Teil den Rechtsschutz unmittelbar in den EU-Verträgen zum Gegenstand hat.  Dabei geht es zunächst um die Unionsgerichtsbarkeit und Gerichtsverfassung des EuGH und des EuG und sodann um die verschiedenen Verfahrensarten, die sämtlich sehr detailliert anhand der einschlägigen Rechtsprechung dargestellt werden und zwar dem Aufbau einer solchen Klageart folgend. Die Nutzung eCuria wird eingehend erklärt. Die Dokumentation der Rechtsprechung in den Fußnoten beeinhaltet eine umfassende Auswertung der Judikatur.

Der Teil 2 behandelt die Zusammenhänge zwischen dem Unionsrecht und dem nationalen Verwaltungsrechtsschutz. In diesem Zusammenhang wird zunächst das duale Rechtsschutzsystem der EU vorgestellt, um sodann die Themenkreise unmittelbare Wirkung und Vorrang des EU-Rechts zu erläutern, die in Schriftsätzen im Zweifel eingehend erörtert werden sollten. Sehr interessiert ist vor diesem Hintergrund das Kapitel über die Rolle des nationalen Verwaltungsrichters im Rechtsschutzsystem der EU mit der unionsrechtlichen Überlagerung des Art. 19 Abs.4 GG und der verfassungsrechtlichen Implementierungsfunktion für Unionsrecht in Deutschland. Es folgen interessante Ausführungen zu den unionsrechtlichen Anforderungen an den nationalen Verwaltungsrechtsschutz, wobei auch das Thema der Staatshaftung erörtert wird, da insoweit ein ungeschriebener Staatshaftungsanspruch besteht, der über die nationalen Rechtsregeln bei Verstößen gegen Unionsrecht weit hinausgeht.

Der Teil 3 geht näher ein auf die Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und deren Einfluss auf den Verwaltungsrechtsschutz. Dazu wird zunächst das Rechtsschutzsystem der EMRK – die im Rang eines einfachen Bundesgesetzes steht – kompakt dargestellt, um sodann die Einflüsse auf den nationalen Verwaltungsrechtsschutz zu erörtern, die sich auf mehreren Ebenen über die Vorgaben vollzieht, etwa im Hinblick auf Art. 6 EMRK.

Der Anhang dokumentiert Rechtstexte und enthält ein vorbildliches Entscheidungsregister von gut 80 Seiten.

Das Handbuch zum Europäischen Verwaltungsrechtsschutz gibt alle notwendigen Hinweise für einen effektiven Rechtsschutz in europäischen Angelegenheiten, besonders für die anwaltliche Perspektive. Es erklärt präzise, unter welchen Umständen die Gerichte der EU angerufen werden können, welche “europäischen” Rechtsschutzbegehren vor die deutschen Verwaltungsgerichte gehören und in welchen Fällen Rechtsschutz beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gesucht werden kann. Es leistet die rechtsdogmatische Durchdringung aus der Sicht des Wissenschaftlers und zeigt aus der Sicht des europäisch tätigen Rechtsanwalts den praktischen Umgang mit allen drei Ebenen europäischer Rechtsstaatlichkeit. Dabei wird auch eingehend auf Bezüge zum Umweltrecht, zum Rechtsschutz im Rahmen des ESM-Vertrages, zu Fragen der deutschen Verfassungsidentität, zum Aarhus-Übereinkommen, zum Rechtskraftschutz im nationalen Recht, zum Rechtsschutz im Rahmen der EU-Beihilfenkontrolle, zur EU-Staatshaftung (”Francovich”-Rechtsprechung), zur Überprüfung von EU-Recht vor dem EGMR an den geeigneten Stellen eingegangen.

Wer Fragen zum europäischen Verwaltungsrechtsschutz hat, wird in diesem sehr kompakten und ausgezeichneten Handbuch die relevanten Antworten schnell finden.

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