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Rezensionen juristischer Literatur

Großkommentar zur InsO

Uhlenbruck, InsO, Band 2, 16. Auflage, 2023, C.H.Beck

Eine Rezension zu:

Abbildung von Uhlenbruck | Insolvenzordnung: InsO, Band 2: EuInsVO, SanInsKG (früher COVInsAG), StaRUG | 16. Auflage | 2023 | beck-shop.de

Uhlenbruck

Insolvenzordnung: InsO, Band 2: EuInsVO, SanInsKG (früher COVInsAG), StaRUG

Kommentar

Herausgegeben von Prof. Dr. Heribert Hirte (MdB) und Prof. Dr. Heinz Vallender

16., völlig neu bearbeitete Auflage

München: Vahlen, 2023, XLIII, 1362 S., 119,00 Euro inkl. MwSt.

ISBN 978-3-8006-6652-2

Der Band 2 des seit Jahrzehnten eingeführten Großkommentars zum Insolvenzrecht behandelt einige sehr wichtige Spezialmaterien des Insolvenzrechts.
Was als vorübergehende Krisen-Gesetzgebung begann, verstetigt sich immer zu einem „Kriseninsolvenzrecht“. Der Inhalt des zweiten Bandes ist davon gekennzeichnet. Die Richtung wird von einer schwierigen wirtschaftlichen Situation vorgezeichnet, in der die Frage, wie Insolvenzen möglichst vermieden werden sollen, zur Kernfrage wird, so dass Restrukturierungen und Sanierungen immer mehr Bedeutung erlangen. Den dieser Entwicklung zugrundeliegenden Tatsachen wird mit den in Band 2 kommentierten Gesetzen, insbesondere EuInsVO, StaRUG und SanInsKG, Rechnung getragen. Angesichts der Bedeutung des europäischen Sekundärrechts für das Insolvenzrecht in Europa, beginnt die Kommentierung mit einer Erläuterung der EuInsVO.
Die Vorteile dieses Bandes liegen auf der Hand, da dieser Band Vollkommentierungen von EuInsVO und StaRUG bietet und gleichzeitig allen Bezügen zum Arbeits- und Gesellschaftsrechtrecht nachgeht und sich insbesondere aus der Praxis an die Praxis richtet.
Die Restruktierung – Richtlinie EU beruht im Kern auf der Erwägung, dass das derzeitige Insolvenzrecht um ein vorinsolvenzliches Verfahren ergänzt werden muss, was in den letzten Jahren vielfach gefordert worden war. Es ist ein Gesetz, dass Unternehmen und Unternehmerinnen und Unternehmen in Notlagen Möglichkeit einer Sanierung vor der Insolvenz an die Hand gibt, wenn eine Sanierungsperspektive besteht, die entsprechend belegt werden muss. Die Kommentierung erläutert das gesamte derzeitige Restrukturierungsrecht mit Schwerpunkten auf dem Restrukturierungsrahmen sowie der Sanierungsmoderation.

Der Gesetzgeber setzt mit dem Sanierungsrechtsfortentwicklungsgesetz (SanInsFoG) gänzlich neue Parameter für Restrukturierungen in Deutschland, für die – wie die jetzige wirtschaftliche Situation zeigt – es zwingende Notwendigkeiten gibt. Der Kommentar erläutert dieses Gesetz erstmals und untersucht den Rechtsrahmen wissenschaftlich und sucht nach Lösungen für die Praxis,  zumal auch bereits erste Rechtsprechung hierzu auswertet und kritisch hinterfragt wird. Es geht in allen Erläuterungen um den Hintergrund, die Funktion und die Systematik der relativ neuen Regelungen, stets mit Blick auf ein etwaig nachfolgendes Insolvenzverfahren, das nicht ausgeschlossen werden kann.

In den Erläuterungen werden hochqualifizierte und in der rechtspolitischen Diskussion um die neuen Regeln ausgewiesene Autoren deren Hintergrund, Funktion und Systematik ausleuchten und im Lichte erster Veröffentlichungen und Entscheidungen bewerten. Dabei wird auch die Konstruktion untersucht, da dieses zweispurige Verfahren eine Abkehr vom Willen des Gesetzgebers der InsO in den neunziger Jahren bedeutet, der eine einheitliche Regelung wollte, um die Dualität von Konkurs- und Vergleichsrecht zu überwinden. Der Rechtsrahmen greift gewisse Elemente des Vergleichsrechts durchaus auf. Die Umsetzungen in anderen Mitgliedstaaten der EU sind vom deutschen Weg durchaus verschieden. Die Erläuterungen gehen vielfach auch auf betriebswirtschaftliche und steuerliche Aspekte ein. Die Erläuterungen gehen immer vom Normzweck vor dem Hintergrund der Richtlinie aus.

Die Konzeption des StaRUG ergänzt die bisherigen Instrumentarien des Insolvenzplanes, dem Schutzschirmverfahren und ggf. der Eigenverwaltung  in der Insolvenz durch einen Restrukturierungsrahmen, der dem Schuldner ein von ihm ausgelöstes und maßgeblich gesteuertes Verfahren an die Hand gibt, mit dem erst noch Erfahrungen gemacht werden müssen.

Das nunmehr eingeführte vorinsolvenzliche Verfahren hat insbesondere zum Ziel sog. „Akkordstörer“ auszuschalten, da diese ihre Rechtsposition oftmals nutzen, um eine im Interesse der Gesamtheit der Gläubiger liegende Sanierung zu blockieren, um Sondervorteile zu erhalten, was in vielen Fällen auch gelingt. Um dies zu erreichen tritt an die Stelle des Einstimmigkeitsprinzips ein Mehrheitsprinzip, wie es prototypisch im deutschen Schuldverschreibungsgesetz enthalten ist. Das Verfahren nach der Richtlinie weicht in zahlreichen Punkten  von einem regulären Insolvenzverfahren ab und setzt überdies zeitlich vor der materiellen Insolvenz an. Die Insolvenzgründe (Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung) müssen noch nicht eingetreten sein. Das Gesetz gibt dem Schuldner modular nutzbare Optionen an die Hand, die etwa bei noch nicht drohende Überschuldung in einer Sanierungsmoderation bestehen kann oder bei drohender Zahlungsfähigkeit in der Erstellung eines Restrukturierungsplanes, was ohne qualifizierte Berater kaum zu leisten sein wird. Die nächsten Jahre werden zeigen, wie diese Möglichkeiten in der Praxis aufgegriffen werden.

Im Zentrum stehen die einzelnen Restrukturierungsmaßnahmen finanzieller Art, die oftmals das Ergebnis langer Verhandlungen sind und nach der Richtlinie eine Eigenverwaltung voraussetzen. Ergebnis dieses Verfahrens soll idealerweise ein von der betroffenen Gläubigergruppe mit Mehrheitsbeschluss angenommener und vom Gericht bestätigter Restrukturierungsplan sein. Dies verhindert auch die Notwendigkeit einer Verlagerung des Sitzes in Länder mit einer günstigeren Rechtsordnung, was für kleine bis mittlere Unternehmen kaum zu leisten ist. Es liegt auf der Hand, dass die Verhandlung solcher Maßnahmen ein erhebliches Maß an Diplomatie verlangen. Die Konzeption dieses Gesetzes ist auf die Herstellung wirtschaftlicher Konsensergebnisse ausgelegt, die allen Seiten eine wirtschaftliche Betrachtungsweise abverlangen. Dieses Thematiken werden in diesem Kommentar eingehend erläutert, so dass auch das „Wie“ hier eingehende Berücksichtigung durch Spezialisten auf diesem Sektor erfährt.

Die 16. Auflage bringt die Kommentierung auf den Stand 9.11.2022 und enthält erstmals

  • die Kommentierung des Gesetzes zum Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen (StaRUG), welches Unternehmen, denen die Zahlungsunfähigkeit droht, neue außergerichtliche Wege für eine grundlegende Sanierung und Restrukturierung unter bestimmten Voraussetzungen in einem vom Insolvenzverfahren unabhängigen Verfahren eröffnet und
  • die Kommentierung des Art. 102c EGInsO, der die deutschen Durchführungsbestimmungen zur EuInsVO enthält.

Darüber hinaus berücksichtigt diese Auflage insbesondere die Änderungen durch

  • das zum 1.1.2021 in Kraft getretene SanInsFOG,
  • das Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens,
  • das Gesetz zur Verlängerung der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht,
  • das MoPeG,
  • das Gesetz zur Einführung virtueller Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften und Änderung genossenschafts- sowie insolvenz- und restrukturierungsrechtlicher Vorschriften und
  • die aktuellen Änderungen des SanInsKG (früher COVInsAG) durch das am 9.11.2022 in Kraft getretene Gesetz zur Abschaffung des Güterrechtsregisters und zur Änderung des COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetzes.

Aus Aktualitätsgründen beginnt die neue Auflage daher diesmal mit Band 2.

Das Werk bleibt der bewährte und entscheidende Großkommentar zur Lösung aller insolvenzrechtlichen Problemfälle.

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