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Rezensionen juristischer Literatur

Hamburger Kommentar zum gesamten Medienrecht

Paschke/Berlit/Meyer/Kröner (Hrsg.), Gesamtes Medienrecht. Hamburger Kommentar, 4. Aufl., 2020, Nomos

 

Eine Rezension zu:

978-3-8487-6117-3

Marian Paschke/Wolfgang Berlit/Claus Meyer/Lars Kröner (Hrsg.)

Gesamtes Medienrecht

Hamburger Kommentar

4. Auflage

Baden – Baden: Nomos, 2020, 2054 S.

ISBN 978-3-8487-6117-3

www.nomos-shop.de

Das gesamte, reichlich verstreute, Medienrecht in einem Band zu kommentieren, ist ein ambitioniertes Unternehmen. Allerdings haben Herausgeber, Autoren und Verlag nunmehr zum vierten Mal einen Kommentar herausgebracht, der in der Tat alle wesentliche Themenbereiche des Medienrechts erfasst, analysiert und prägnant kommentiert.

Der Hamburger Kommentar Gesamtes Medienrecht erweitert entscheidend die Beratungsmöglichkeiten im Medienrecht, weil er  in einem Band alle relevanten Rechtsnormen medienübergreifend erläutert und gezielte Hinweise auf die unterschiedlichsten medienrechtlichen Klagemöglichkeiten gibt. Dieses Gesamtkonzept war und ist konkurrenzlos.

Die 4. Auflage bringt nicht nur alle Bereiche des Kommentars auf den neuesten Stand, sondern erweitert die Themenpalette um wichtige neue Themen in den Bereichen  E-Commerce, Haftung von Online-Plattformen, die Intermediärshaftung sowie die Kontroversen zu „Uploadfiltern“. Der Medienstaatsvertrag 2020 und die europarechtlichen Vorgaben der Urheberrechtsrichtlinie sind bereits berücksichtigt.

Die Veränderungen in diesem Bereich sind derartig umfassend, dass neue Auflage eine neue Auflage darstellt und eine jeweilige Bestandsaufnahme des Medienrechts darstellt. Dies hängt insbesondere damit zusammen, dass die gesamte Medienlandschaft seit Jahren immer wieder im Umbruch ist und etwa lineares Fernsehen durch digitale Fernsehkanäle ergänzt wird, die nur über mobile Telekommunikation und via Tablets und Smartphones zugänglich sind, nicht zuletzt im Bereich der Fußballvermarktung. Die elektronischen Medien haben die herkömmlichen Strukturen weitgehend verdrängt, wie etwa Amazon Prime oder Netflix zeigen. Alle diese technischen Entwicklungen werfen spezifische und neue Rechtsprobleme auf, die in diesem Kommentar sämtlich aufgegriffen werden. Der Kommentar hat überwiegend den Stand von November 2019. Die Rechtsprechung ist detailliert ausgewertet.

Die Anlage des Kommentars folgt nicht der hergebrachten Aufteilung der Rechtsgebiete in die Teilbereiche des Presse-, Rundfunk- und Medienrechts sowie des Rechts der elektronischen Medien, die ohnehin untereinander erhebliche Überschneidungen aufweisen. Der Kommentar erläutert das Medienrecht stattdessen ausgehend von einer die Regeln für die verschiedenen Medien übergreifenden Betrachtungsweise nach thematischen Regelungsbereichen, was auch völlig überzeugend ist. In jeder Auflage werden die Themenkreise erheblich erweitert.

Kommentiert werden unter anderem die Rechtsgrundlagen des Marktzugangs und des Marktverhaltens von Medienunternehmen, die einschlägigen Rechtsgrundlagen des Medienzivilrechts und des Medienhandelsrechtes, die Rechtsregeln der Medienrecherche, der Medienproduktion und des Medienvertriebs unter Einschluss des Persönlichkeitsrechtsschlusses sowie die medienrechtlich relevanten Vorschriften des Urheberrechts, des Markenrechts, des Medienarbeitsrecht, des Medienstraf- und Jugendmedienschutzes sowie die vorangestellten verfassungs – und europarechtlichen Normen, die sich auf das Medienrecht unmittelbar oder mittelbar beziehen. Berücksichtigt werden auch das Glücks – und Gewinnspielrecht sowie das Gaming – Recht sowie das Recht der ebooks, die erhebliche medienrechtliche Relevanzen aufweisen. Bei der Darstellung des Lauterkeitsrechts wird eingehend auf die bisherige Rechtsprechung zu den Instagram – Influenzern eingegangen, die noch etwas uneinheitlich ist. Auch die erheblichen Änderungen im Kartellrecht seit der 9. GWB-Novelle werden komplett für die relevanten Sektoren nachvollzogen.

Die erweiterte und vertiefte Anlage des Kommentars reagiert auf die mediensoziologisch feststellbaren Medienkonvergenzen. Hinzukommt, dass die jeweils einschlägigen Regelungen in sehr verstreut aufzufindenden Normen zu finden sind, die sich nicht ohne weiteres einem bestimmtem Medium zuordnen lassen, wie der Rundfunkstaatsvertrag zeigt. Neben Radio und Fernsehen ist nicht nur das Internet, sondern auch der Mobilfunk mit besonderen Medien getreten, die zudem untereinander sämtlich in Kommunikation treten können. Die Konvergenzen sind unübersehbar. Grundsätzlich handelt es sich in weiten Bereichen um Medienkommunikationsrecht, so dass auch die Social Netwerks mit ihren spezifischen Rechtsfragen eingehend berücksichtigt, etwa hinsichtlich der Löschungsansprüche aber auch hinsichtlich wichtiger werdenden Restore-Ansprüche.

So gelten Fragen der rechtlichen Anforderungen an eine journalistische Recherche mit gewissen Besonderheiten sowohl für den Print – als auch für den Rundfunkbereich und sonstige Medien. Es geht daher um die Rückführung der Zersplitterung auf möglichst allgemeine Prinzipien, um sodann die Besonderheiten kenntlich zu machen und die damit zusammenhängenden Probleme rechtlich beherrschbarer und kalkulierbarer zu machen.

In vielen Bereichen stellen sich dabei immer neue Probleme, zu denen neue Rechtsauffassungen entwickelt werden müssen. Es handelt sich daher ungeachtet der Charakterisierung als Praxiskommentar auch um einen interessanten Beitrag zur Dogmatik und Regelbildung im Medienrecht. Zwar sind die Zitate bewusst knapp gehalten und beruhen primär auf einer oftmals kritischen Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung und der Behördenpraxis, doch erlauben sie Vertiefungen in alle Richtungen. Erstmals weist der Kommentar Fußnoten auf, was den Text lesbarer macht.

Die vierte Auflage berücksichtigt zahlreiche Gesetzesänderungen seit dem Erscheinen der Vorauflage, was sich auch im Umfang des Kommentars niederschlägt, der deutlich zugenommen hat. Vertieft wurde erwartungsgemäß das europäische Medienrecht. Deutlich vertieft haben die Autoren die Darstellungen des Datenschutzrechts mit Bezug auf Medien angesichts der DSGVO-Änderungen, die viele offene Fragen aufweisen. Das „Recht auf Vergessen“ wird angesichts der neuen Urteile des BVerfG und des BGH pointiert erläutert. Vertieft wurde das Kapitel über Rechtsfragen der Musikproduktion und den sich hier stellenden Problem der Verwertung unter Einschluss der Rechtsfragen, die sich bei den Verwertungsgesellschaften mit den diesbezüglichen Gesetzesänderungen für die Beteiligten stellen. Weiterhin vertieft worden ist die Darstellung des Medienvertragsrechts. Nichts anderes gilt für das Softwarerecht und die Kommentierung des Immaterialgüterrechts. Erneut neu konzeptioniert und wesentlich erweitert wurden die Ausführungen zum Filmrecht. Aber auch das Presserecht – das eine Basis für die Entwicklung des Medienrechts war – wurde deutlich vertieft kommentiert und mit den medialen Verwertungen der betreffenden Contents intensiver verschränkt.

Im Vordergrund der Kommentierungen steht die Analyse der Rechtsprechung der deutschen Gerichte und des EuGH. Ein Schwerpunkt lag insoweit etwa in der Einarbeitung der aktuellen Rechtsprechung zu Persönlichkeitsrechtsverletzungen in Presse und Medien.

Umgesetzt wurde die Konzeption in elf Teilen, die jeweils einem bestimmten Regelungsbereich, nicht aber einem Gesetz zugeordnet sind. Dies trägt den Besonderheiten des Medienrechts Rechnung, da in vielen Bereichen oftmals Normen anzuwenden sind, die keinen spezifischen medienrechtlichen Gehalt aufweisen. Abweichend von der üblichen Vorgehensweise in Kommentaren gehen die Kommentierungen nicht unbedingt Norm für Norm vor. Daher sind allen Abschnitten Gliederungen vorangestellt, damit sich der Leser schnell orientieren kann. Insofern werden hier Handbuch und Kommentar kombiniert.

Dieser Kommentar systematisiert das Medienrecht und lenkt den Blick auf Strukturenbildung und Detailprobleme, die letztlich nur durch eine klaren Strukturbildung lösbar werden. Aber gerade auch zu umstrittenen Detailfragen finden sich in den Ausführungen jeweils interessante Lösungsansätze.

Es handelt sich um einen von Auflage zu Auflage exzellenten Kommentar für die gegenwärtige Situation der Medienlandschaft, der die aktuellen Probleme kenntlich macht und interessante Ansätze für konstruktive Lösungen bietet. Für das Medienrecht ein Kommentar der ersten Wahl!

 

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