T. Park (Hrsg.), Kapitalmarktstrafrecht. Handkommentar, 5. Aufl., 2019, NOMOS
Eine Rezension zu:
Kapitalmarktstrafrecht
Straftaten | Ordnungswidrigkeiten | Finanzaufsicht | Compliance
Handkommentar
Herausgegeben von RA Prof. Dr. Tido Park, FAStrafR u FAStR
5. Auflage
Reihe: NOMOSKOMMENTAR
Baden – Baden: NOMOS, 2020, 1.511 S., 178,00 Euro inkl. MwSt.
ISBN 978-3-8487-4935-5
Das Kapitalmarktstrafrecht findet seit Jahren erhebliches Interesse in der Öffentlichkeit aufgrund der Presseberichterstattung über größere wirtschaftsstrafrechtliche Prozesse, wofür gegenwärtig etwa die “Cum-Ex” – Verfahren stehen. Auch die Finanzmarktkrise seit 2007/2008 haben das Bewusstsein für diese Materie geprägt, was die Gesetzgeber in vielen Staaten ständig auf den Plan ruft. Strafverschärfungen und Schließungen von Strafbarkeitslücken sind die Regeln, bei deutlichen Bezügen zum Steuerstrafrecht und Steuerrecht. Die Materie ist sehr komplex, da die einschlägigen Normen weit verstreut sind und sich letztlich in diesem Bereich nur vom Gegenstand her systematisieren lassen. Der in fünfter Auflage erschienende Handkommentar systematisiert die verstreuten Regelungen und macht sie leichter anwendbar.
Üblicherweise sind umfassende Neuregelungen im Kapitalmarktstrafrecht seit der Vorauflage der Anlass für eine solche Neuauflage. Die letzte Auflage liegt knapp zwei Jahre zurück. Die EU und der deutsche Gesetzgeber haben zahlreiche Rechtsakte zum Anlegerschutz und zur Sicherung der Stabilität der Finanzmärkte erlassen, die neu kommentiert werden.
Maßgeblich ist insoweit das vollständige Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Novellierung von Finanzmarktvorschriften auf Grund europäischer Rechtsakte (2. FiMaNoG) aus dem Jahr 2018. Mit diesem Gesetz wurde nicht zum ersten Mal unter anderem das WpHG vollkommen neu strukturiert, neu nummeriert und mit einem erneuerten Sanktionssystem ausgestattet. Dieses Gesetz schafft neue Risiken, die selbstredend Bestandteil der Kommentierungen sind. Die Kommentierungen sind darauf angelegt, insbesondere die Compliance der betroffenen Finanzmarktunternehmen optimieren zu helfen. In diesem Zusammenhang werden insbesondere die neuen Bußgeldvorschriften in § 120 WpHG mit Blick auf die Richtlinien 2014/65/EU, 2002/92/EG und 2011/61/EU vollständig neu gefasst. Die Geldbußen können pro Verstoß fünf Millionen Euro erreichen, wobei Verbandsgeldbußen auch deutlich höher ausfallen können. Mit weiteren Verschärfungen ist zu rechnen, da der Gesetzgeber noch nicht alle sanktionsrechtlichen Vorgaben der MiFID II umgesetzt hat. Erweiterte Befugnisse, nun auch zur öffentlichen Bekanntmachung von Verstößen und verhängten Sanktionen durch die BaFin, sind eröffnet.
Die Neuauflage des Handkommentars ist auf neuestem Stand des 2. Finanzmarktnovellierungsgesetzes (2. FiMaNoG) und berücksichtigt u.a.
- die wesentlichen Veränderungen der bestehenden Sanktionsvorschriften
- die neuen Aufsichts- und Eingriffsbefugnisse der BaFin
- die sanktionsrechtlichen Konsequenzen für Unternehmensträger infolge eines Fehlverhaltens ihrer Mitarbeiter und Organwalter.
- alle aktuellen Entwicklungen im Bereich der Kapitalmarktstraftaten.
Der Handkommentar verbindet Elemente eines Handbuches mit denen eines Erläuterungswerkes einzelner Normen. Der Teil 1 bietet einer vorzügliche Übersicht über die Thematik und den Rechtsrahmen, während Teil 2 einen weiten Bogen von der Behördenaufsicht zur Compliance schlägt. Berücksichtigt werden aber auch zivil- und öffentlichrechtliche Regelungen, die ebenso von einer Normenzersplitterung gekennzeichnet ist.
Die Einleitung (Teil 1) versucht zunächst den Begriff des Kapitalmarkstrafrechts zu präzisieren, bei dem es jedenfalls um Normen geht, die unmittelbar oder mittelbar auf die Funktionen des Kapitalmarkts bezogen sind. Der Kapitalmarkt unterliegt im wesentlichen einer behördlichen Aufsicht, die durch die BaFin wahrgenommen wird. Deren Struktur, ihre Funktionen und die Verschwiegenheitspflichten ihrer Mitarbeiter sind Gegenstand eines weiteren Teiles der Einleitung (Teil 2), da die Aufgaben der BaFin auch strafrechtlich von Belang sind, die umfassende Überwachungsaufgaben etwa in den Bereichen Insiderhandel, Ad-hoc-Publizität, Kursmanipulationen und Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten wahrnimmt und über sehr weitreichende Kompetenzen verfügt, ggf. auch im Wege der Heranziehung privater Personen und Einrichtungen.
Die Kommentierung der einzelnen Normen setzt mit Teil 3 ein und setzt klare Schwerpunkte, ausgehend von den Betrugs – und Untreuedelikten des StGB, die für die spezielleren Normen oftmals das Grundmodell darstellen, zumal sie neben den Spezialvorschriften oftmals – nicht zuletzt bei den Konkurrenzen – weiter eine Rolle spielen. Die Kommentierung der Spezialnormen erfolgt nicht nach Normen geordnet, sondern statt dessen werden typische Sachverhalte als Obergruppen definiert wie “Insiderdelikte”, “Verletzung von Geheimhaltungs- und Verschwiegenheitspflichten”, “Falsche Angaben und unrichtige Darstellung”, Verstöße gegen Dokumentations – und Berichtspflichten, Verletzungen von Mitteilungs- und Publizitätspflichten, Verletzung von Aufsichts- und Organisationspflichten und einiges mehr. Im Rahmen dieser Schwerpunkte werden die einschlägigen Normen aus unterschiedlichen Gesetzen gebündelt, wobei das WpHG den maßgeblichen Schwerpunkt bildet. Rechtsprechung und Literatur wurden bis Juni 2019 sorgfältig ausgewertet, wobei selbstredend auch Mitteilungen und Berichte der BAFIN und weiterer Behörden dazu zählen.
Teil 3 behandelt die einschlägigen Straftaten – zugeschnitten auf das Leitthema – in 10 Abschnitten, einsetzend mit der Erörterung spezifisch kapitalmarkrechtlicher Fragen des Betrugstatbestandes, dessen praktische Bedeutung gerade in Fällen des Kapitalanlagebetruges hoch ist. Das Kapitalmarktstrafrecht – gerade auch unter diesem Aspekt – erlangt seine Relevanz nicht zuletzt dadurch, dass zivilrechtliche Schritte gegen Kapitalanlagebetrüger oftmals von nur geringem Erfolg gekrönt sind und andererseits erst in einem Ermittlungsverfahren Beweise gefunden werden, die sich zivilrechtlich verwenden lassen. Deutlich wird dies an einem der Hauptanwendungsbereiche, dem Handel mit Optionen für Warentermingeschäfte, die ohne hinreichende Kenntnis des Anlegers leicht zu einem Fiasko für ihn werden können, insbesondere, wenn in betrügerischer Absicht auf die Optionsprämie der Börsen nebst Broker – Kommission noch Preisaufschläge in erheblichem Umfang vorgenommen werden. Erörtert wird auch das Beispiel der Kursmanipulationen, etwa durch “Scalping”. Hervorzuheben ist, dass einzelne, besonders relevante Verhaltensweisen lexikonartig erfasst worden sind. Besonders einschlägig ist überdies § 264 a StGB insbesondere hinsichtlich unrichtiger Angaben in Prospekten als abstraktes Gefährdungsdelikt. Auch hier wird wieder ein typischer Anwendungsfall geschildert. Neben dem weniger relevanten § 265 b StGB wird insbesondere § 266 StGB intensiv erörtert, der hier insbesondere auf die Strafbarkeit der Vermögensverwalter zielt. Die wesentlichen Verhaltensweisen werden auch hier lexikonartig erfasst.
Besonders interessant sind auch stets die Hinweise zur rechtstatsächlichen Situation und zu möglichen Verteidigungsstrategien, da bei den einschlägigen Deliktsgruppen zahlreiche Ermittlungsverfahren eingeleitet wurden und werden, etwa im Zusammenhang mit der Manipulation durch Ad-Hoc-Tatsachen, insbesondere durch Veröffentlichung falscher Zahlen und Angaben, um Anleger zu einem bestimmten, erwünschten Verhalten zu bewegen. Die bisher aufgetretenen Einzelfälle werden ausführlich analysiert. Die Kommentierungen sind sehr systematisch aufgebaut, ausgehend von den jeweiligen Tathandlungen.
Die Kommentierung, die sich auch als Handbuch benutzen lässt, schließt nach wie vor eine Lücke und gibt einen Gesamtüberblick über die praxisrelevanten Fragen des Kapitalmarktstrafrechts unter Einschluss des einschlägigen Ordnungswidrigkeitenrechts, dass vom einschlägigen Wirtschaftsrecht allerdings erheblich beeinflusst wird.
Der Kommentar ist ausgezeichnet und führt den Leser überaus praxisnah durch die einschlägigen Normen entlang des übergreifenden Leitfadens des Kapitalmarktstrafrechtes als Querschnittsstrafrecht.