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Rezensionen juristischer Literatur

Lehr – und Praxiskommentar StGB

Kindhäuser/Hilgendorf, Strafgesetzbuch, 8. Aufl., 2019, Nomos

Eine Rezension zu:

 Kindhäuser / Hilgendorf | Strafgesetzbuch | Cover

Urs Kindhäuser / Eric Hilgendorf

Strafgesetzbuch

Lehr- und Praxiskommentar

Von Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Urs Kindhäuser, Prof. Dr. Dr. Eric Hilgendorf

8., völlig neu bearbeitete Auflage

Baden-Baden: 2020, 1485 S., Broschiert, 36,00 Euro inkl. MwSt.

ISBN 978-3-8487-5980-4

www.nomos-shop.de

Der Kommentar von „Kindhäuser“ ist eine Institution und wird jetzt von Eric Hilgendorf kommentiert, der die Kommentierung neu strukturiert hat. Der stets umfangreiche Anmerkungsapparat wurde jetzt in die Fußnoten verlagert, wodurch der Kommentar schneller lesbar geworden ist. Der Text wurde durchgehend aktualisiert, insbesondere wurden neu in das StGB aufgenommene Normen oder deren Änderungen neu kommentiert.

Der Kommentar hält weiter die Balance zwischen einem Lehr- und Praxiskommentar, dessen Credo von Anfang an eine stringente Systematik war, die es erlaubt, auch schwierige Normen leicht zu erschließen. Rechtsprechung und Literatur wurden in Auswahl einbezogen, die aber wie immer überzeugend ist. Diese vorzügliche Kombination aus Lehrbuch und Kommentar überzeugt mit einer konzentrierten und verständlichen Darstellung zu einem überaus erschwinglichen Preis, der gemessen an der Qualität überaus moderat ist.

Die besonderen Vorteile des Kommentars liegen nach wie vor darin, dass der Leser die Inhalte schnell erfassen kann und die Kommentierung auch in Studium und Referendariat gut zum Wiederholen geeignet ist. Fallfragen sind aufgrund der Durchdringung des Stoffs im Rahmen eines „kommentarmäßigen“ Begründungszusammenhangs leichter zu handhaben, wobei auch der Hintergrund der “Normalfallmethode” eine gewisse Bedeutung hat. Erfreulicherweise enthält die Kommentierung weiter zahlreiche Aufbau- und Prüfschemata, die den Zugang zu dogmatisch schwierigen Problemfällen sehr erleichtern.

Die Erläuterungen enthalten zahlreiche Beispiele und Kurzfälle, die bei der Einordnung und Subsumtion des konkreten Sachverhalts sehr weiterhelfen. Dies auch vor dem Hintergrund, dass die Auslegung des StGB immer schwieriger wird, nicht zuletzt aufgrund der umtriebigen Aktivitäten eines Gesetzgebers, der oftmals Geschwindigkeit und Symbolhaftigkeit vor Qualität der Normgebung setzt. Es ist nicht verwunderlich, dass dieser Kommentar mit Kritik nicht zurückhält, sondern Schwächen insbesonderer neuer Normen – die gerne geprüft werden – auch offen legt. Insbesondere die Vorbemerkungen vor zentralen Abschnitten bieten sehr lesenswerte systematische Überblicke, die die Regelungszusammenhänge verdeutlichen, so bietet etwa die Vorbemerkung zu § 1 eine überaus interessante Einführung in die strafrechtlichen Grundbegriffe.

Die 8. Auflage berücksichtigt eine Flut an neuen, prüfungsrelevanten Gesetzen:

 

  • Werbung für einen Schwangerschaftsabbruch; § 218 c
  • die neuen Entscheidungen zum assistierten Suizid; § 217 Rn. 1
  • Kraftfahrzeugrennen im Straßenverkehr, § 315 d
  • neues Gesetz zur Umsetzung des Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts
  • Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung, §§ 73 – 76 a
  • Strafbarkeit Sportwettbetrug und der Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben, § 265 c
  • Verstärkung des Schutzes von Vollstreckungsbeamten und Rettungskräften, §§ 113, 115
  • Ausweitung des Maßregelrechts auf extremistische Straftäter
  • Einführung der elektronischen Akte in der Justiz
  • Aufhebung der „Majestätsbeleidigung“ in („Böhmermann-Fall“)
  • Verschärfung des Wohnungseinbruchdiebstahls, § 243
  • Neuregelung des Schutzes von Geheimnissen bei der Mitwirkung Dritter an der Berufsausübung schweigepflichtiger Personen.

 

Am Beispiel des § 265 c StGB wird deutlich, wie Schwächen des Gesetzes aufgedeckt werden. Bereits das dualistische Rechtsgutkonzept stößt auf deutliche Skepsis. Einerseits soll die “Integrität des Sports” geschützt werden, andererseits auch das Vermögen von Wettanbietern und sonstiger Betroffener. Die strukturell an das Korruptionsstrafrecht angeschlossene neue Norm wird präzise erklärt und eine Gemeinsamkeit aller Varianten herausgearbeitet: immer muss ein in den betreffenden sportlichen Wettbewerb involvierter Akteur beteiligt sein, wobei Täterschaft und Teilnahme hier Probleme aufwerfen können. Die Kommentierung ist eng verzahnt mit der Erläuterung der §§ 299, 331 StGB. Ohnehin wird in dieser Kommentierung kein Platz verschenkt, da von der Verweistechnik intensiv Gebrauch gemacht wird.

Die Ausweitung der abstrakten und konkreten Gefährdungsdelikte nimmt immer weiter zu, wie diese vorzügliche Kommentierung deutlich macht. Intensiv erörtert werden etwa die Korruptionsvorschriften, die wiederum eng verzahnt werden mit den Geldwäschedelikten. In diesem Zusammenhang wird auch die Bedeutung des EU-Rechts für das Strafrecht deutlich. So stellt die Kommentierung des § 299 StGB insbesondere die beiden neueren Tathandlungen heraus, die zu einer Ausweitung der Strafbarkeit geführt haben, die spiegelbildlich in betroffenen Unternehmen zu einer Erhöhung der Risikobewertung und zu einem erhöhten Aufwand bei der Compliance führen. Die Kommentierung hilft der Praxis insoweit auch bei der Umsetzung, etwa in Arbeitsanweisungen.

Der ausgezeichnete Kommentar hat den Stand von Sommer 2019.

Es handelt sich bei diesem Kommentar um ein Standardwerk für alle, die systematische Informationen zum Strafrecht benötigen und für einen wirklich moderaten Preis einen Kommentar in höchster Qualität geliefert bekommen.

Professor Eric Hilgendorf, Inhaber des Lehrstuhls für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Leiter der Forschungsstelle RobotRechtt und Autor zahlreicher Lehrwerke zum Allgemeinen und Besonderen Teil, führt das Erfolgsrezept fort.

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