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Rezensionen juristischer Literatur

Handkommentar Teilzeit- und Befristungsgesetz

Boecken/Joussen, Teilzeit – und Befristungsgesetz, 6. Auflage, 2019, Nomos

Eine Rezension zu:

Boecken / Joussen | Teilzeit- und Befristungsgesetz | Cover

Winfried Bocken/Jacob Joussen

Teilzeit – und Befristungsgesetz

Handkommentar

6. Auflage

Baden-Baden: Nomos-Verlag, 2019, 735 S., 85,00 Euro inkl. MWst.

ISBN 978-3-8487-5669-8

www.nomos-shop.de 

Die praktische Bedeutung der Teilzeitarbeit und der befristeten Arbeitsverhältnisse steigt seit Jahren ständig. Viele Arbeitgeber schließen zunächst befristete Arbeitsverhältnisse, die ggf. noch mit einer Probezeitvereinbarung gekoppelt sind. Die Vertragsgestaltungen sind vielfältig, müssen aufgrund regelmäßiger Gesetzesänderungen neu angepasst werden und bieten für alle Beteiligten zahlreiche “Fallen”, die sich nur mit zuverlässiger Fachliteratur ernsthaft bewältigen lassen.

Die sechste Auflage folgte der fünften Auflage binnen Jahresfrist, weil die wesentlich erweiterte Kommentierung das Gesetz zur Weiterentwicklung des Teilzeitrechts – Einführung einer Brückenteilzeit vom 11.Dezember 2018 umfassend verarbeitet und auch auf seine Schwachstellen hin analysiert.

Der zuerst im Jahr 2007 erschienene Handkommentar erläutert die einschlägigen gesetzlichen Regelungen anhand der einschlägigen Rechtsprechung unter intensiver Einbeziehung der Vertragspraxis, wobei die Analyse der höchstrichterlichen Rechtsprechung und der Landesarbeitsgerichte im Zentrum steht.

Das seit 2001 in Kraft befindliche TzBfG vereinigt zwei Materien, die auf den ersten Blick wenig gemeinsam haben. Der Allgemeine Teil dieses Gesetzes zeigt diese “Zweispurigkeit” auch deutlich. Lediglich Diskriminierungs- und Benachteiligungsgebote stellen hier eine gewisse Verklammerung dar, die spezieller sind als die daneben anwendbaren Vorschriften des AGG. Hervorgehoben wird, dass der Schutz des § 4 Abs.1 TzBfG vornehmlich der Frauenarbeit gilt, da es sich bei der Teilzeitarbeit vornehmlich um Frauenarbeit handelt. Auch der EuGH sieht die Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten in geeigneten Fällen als mittelbare Frauendiskriminierung an. Zu § 4 Abs.2 TzBfG wird hervorgehoben, dass diese Norm in persönlicher Hinsicht über das Gesetz hinausgeht, da auch Berufsausbildungsverhältnisse und geringfügige Beschäftigung erfasst werden. Europarechtliuch nicht erforderlich war das Benachteiligungsverbot des § 5 TzBfG, dessen Verhältnis zu § 4 TzBfG ebenso unklar ist, wie zu § 612a BGB und zu § 7 AGG. Die Verfasser weisen auch treffend auf die unklaren Rechtsfolgen eines Verstosses hin, zumal schon unklar ist, ob diese Norm überhaupt anspruchsbegründenden Charakter hat.

Dieser in der Praxis bestens eingeführte Kommentar wendet sich gleichermaßen an Rechtsanwälte, Arbeitsrichter, Betriebs- und Personalräte, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände. Die sehr kompakten und gut strukturierten Erläuterungen erörtern inbesondere Möglichkeiten und Grenzen der Gestaltungsmöglichkeiten in Arbeitsverträgen unter Einbeziehung der kollektivrechtlichen Regelungen. Die Ergebnisse haben vor Gericht Bestand.

Wie schon eingangs erwähnt reagiert die 6. Auflage insbesondere auf das am 1. Januar 2019 in Kraft getretene Gesetz zur Weiterentwicklung des Teilzeitrechts, das einen allgemeinen gesetzlichen Anspruch auf zeitlich begrenzte Teilzeitarbeit unter bestimmten Voraussetzungen eingeführt hat. Die gesetzliche Umsetzung des hoch umstrittenen Anspruchs auf Brückenteilzeit wirft Fragen auf, die die Neuauflage des Handkommentars zuverlässig beantwortet, so werden etwa die folgenden Fragen in Schwerpunkten thematisiert:

  • Wann muss der Antrag gestellt werden?
  • Was gilt, wenn der Arbeitgeber auf einen Teilzeitantrag nicht reagiert?
  • Welche Formen der Teilzeit sind überhaupt möglich?
  • Was bedeutet die notwendige vorherige Festlegung durch den Arbeitnehmer?
  • Ist keine weitere Verringerung, Erhöhung oder vorzeitige Rückkehr zur ursprünglich vertraglich vereinbarten Arbeitszeit mehr möglich?
  • Ist ein Wechsel von der unbefristeten in die befristete Teilzeit möglich?

 

Die 6. Auflage des Hk-TzBfG bringt insbesondere Neukommentierungen der §§ 7 – 9a (Schwerpunkt: neue Brückenteilzeit), 12 (Arbeit auf Abruf) und 22 TzBfG (Abweichende Vereinbarungen). Die Rechtsprechung wird im Detail ausgewertet, wobei immer mehr Entscheidungen des EuGH einzubeziehen sind. Sehr eingehend wird auf den für diesen Bereich völlig zentralen Beschluss des Ersten Senats des BVerfG zum Anschluss der sachgrundlosen Befristung bei einem “Zuvor-Arbeitsverhältnis” eingegangen. Der Kommentar hat jetzt den Stand von März 2019.

In der Kommentierung wegen des engen zeitlichen Zusammenhangs der letzten beiden Auflagen werden folgende Fragen weiter vertieft:

 

  • zum Urlaubsanspruch und den sozialversicherungsrechtlichen Konsequenzen im Rahmen einer Arbeitszeitverringerung (§ 8 TzBfG)
  • zur Rechtsmissbrauchsprüfung trotz Vorliegens eines Sachgrundes auf Befristung (§ 14 TzBfG)
  • zum Bezugszeitraum für den Umfang einer verringerten Arbeitszeit (§ 12 TzBfG).

Die Regelungen über die Teilzeitarbeit sind rechtspolitisch nach wie vor nicht völlig unumstritten. Die Kommentierung zu §§ 6 und 7 TzBfG zeigt, dass der Streit sich nicht unerheblich in diese Gesetzesauslegung verlagert hat. § 7 TzBfG verpflichtet Arbeitgeber in einem gewissen Umfang – der inhaltlich unklar ist – Teilzeitarbeitsplätze anzubieten und ggf. auszuschreiben. Der Ermessensspielraum des Arbeitgebers unterliegt aber, wie in die Kommentierung treffend ausführt, lediglich einer Mißbrauchskontrolle. Der Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit aus § 8 TzBfG geht ebenfalls über die europarechtlichen Anforderungen hinaus. Die Erläuterung legt die schwierigen Voraussetzungen der hier gewählten Vertragslösung eingehend dar und geht intensiv auf die Möglichkeiten der Erzwingung einer Verringerung durch eine Leistungsklage ein. Gesichert wird dieser Anspruch schließlich durch das Kündigungsverbot aus § 11 TzBfG. Die Verfasser lehnen eine extensive Auslegung dieser Norm ab und sehen diese auch nicht als Umgehungsverbot.

Im Rahmen der Kommentierung der Brückenteilzeit in § 9 a TuBfG wird eingehend auf die Ablehnungsgründe des Arbeitgebers eingegangen, zumal diese Ablehnungsmöglichen auch vom Kontigent der Anträge abhängen, zumal die Regelung tarifdispositiv ist. Die Erläuterungen machen die Regelungen deutlich handhabbarer.

Im Zentrum der Regelungen zu den befristeteten Arbeitsverhältnissen steht § 14 TzBfG, der zwischen sachgrundloser Befristung und Befristung mit Sachgrund differenziert, aber regelmäßig Änderungen in den Details durch den Gesetzgeber erfährt, zu denen dann später wieder neue Entscheidungen der Arbeitsgerichte ergehen. Erst kürzlich hat das BAG Obergrenzen zu den Möglichkeiten der Abweichungen durch Tarifvertrag hinsichtlich der Grenzen der sachgrundlosen Befristung nach § 14 Abs.2 S.3. TzBfG definiert. Intensiv ausgewertet wird etwa auch die Rechtsprechung des BAG zur Inhaltskontrolle derartiger Verträge. Die Sachgrundbefristung spielt in der Praxis meist nur dann noch eine Rolle, wenn die Regelung des § 14 Abs.2 und 2 a TzBG nicht mehr greift. Die Tücken des Anschlussverbotes werden hier intensiv erörtert.

Intensiv eingegangen wird etwa auch auf die begrenzten Kündigungsmöglichkeiten nach § 15 Abs.3 TzBfG, da befristete Vertragsverhältnisse grundsätzlich keiner Kündigung bedürfen. Der Gesetzgeber hat dem Arbeitgeber hier aber eine Unterrichtungspflicht über den Zweckfortfall auferlegt, die europarechtlich nicht erforderlich war. Der Kommentar geht im Rahmen des § 17 TzBfG eingehend auf die prozessrechtliche Situation ein, wenn seitens des Arbeitsnehmers die Rechtsunwirksamkeit der Befristung innerhalb der Frist von drei Wochen nach Ende derBefristung geltend gemacht wird. Hier werden insbesondere die Bezüge zum KSchG hergestellt. Prozessuale Aspekte werden durchgehend in die Darstellung einbezogen. Der Kommentar hat den Stand von Januar 2018.

Der sehr präzise Kommentar ist sehr verständlich abgefasst und bietet einen interessanten, aktuellen Überblick über alle Anwendungsprobleme des TzBfG für die Praxis.

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