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Rezensionen juristischer Literatur

Kommentar zum bayerischen PAG und POG

Schmidbauer/Steiner, Bayerisches Polizeiaufgabengesetz. Kommentar, 5. Aufl., 2020, C.H.Beck

 Eine Rezension zu:

Abbildung von Schmidbauer / Steiner | Polizeiaufgabengesetz, Polizeiorganisationsgesetz: PAG / POG | 5. Auflage | 2020

Wilhelm Schmidbauer/Udo Steiner

Bayerisches Polizeiaufgabengesetz

und

Bayerisches Polizeiorganisationsgesetz

5. Auflage

Reihe: Landesrecht Freistaat Bayern

München: C.H.Beck, 2020, 1213 S., 65,00 Euro inkl. MwSt.

ISBN 978-3-406-71253-1

www.beck-shop.de

Der in fünfter Auflage erschienene, umfangreiche Kommentar verbindet die wissenschaftliche und die praktische Seite des Polizeirechts und erscheint zu einem Zeitpunkt, in dem das Sicherheitsrecht zu einer sehr zentralen Materie geworden ist. Im Rahmen der Kommentierung entfaltet er die landesrechtliche Konzeption des bayerischen Sicherheitsrechts. Zwar liegt der Schwerpunkt auf dem PAG, allerdings wird auch das POG eingehend kommentiert.

Die Kommentierung setzt sehr aktuelle Schwerpunkte, etwa bei den Befugnissen der Polizei, bei polizeilichen Datenschutz und beim Rechtsschutz betroffener Bürger. Die Kommentierungen lassen sich im Grundsatz von der Frage leiten, wieviel Schutz der Staat seinen Menschen gewähren will, was gleichermaßen aber bedeuten muss, wieviel an Grundrechtsschutz der Bürger vom Staat verlangen kann. Letztlich geht es um die Herstellung einer praktischen Konkordanz und sehr zentral um Verhältnismäßigkeit.

In diesem Rahmen wird auch die Opferperspektive intensiv in die Kommentierung einbezogen, da der Opferschutz von der staatlichen Schutzkonzeption erfasst ist. Die Autoren sehen als Spezialisten in diesem Bereich den angemessenen Ausgleich zwischen polizeilichen Eingriffsbefugnissen und individuellen Freiheitsrechten selbst als schwierig an, auch angesichts wenig konsistenter Gesetzgebungskonzeptionen im Bereich der “Inneren Sicherheit”. Die betreffenden Gesetze werden mit gewisser Regelmäßigkeit beim BVerfG auf ihre Verfassungsgemäßheit überprüft. Diese Rechtsprechung wird in dieser Kommentierung durchgehend evaluiert, auch anhand von “Reizthemen” wie etwas der Vorratsdatenspeicherung in § 34 b PAG, der in Auseinandersetzung mit der Rspr. des BVerfG und des EuGH für verfassungsgemäß gehalten wird. Ähnlich intensiv erörtert wird etwa der Verbringungsgewahrsam in Art. 17 und 65 PAG.

Der vorliegende Kommentar verbindet die wissenschaftliche und die praktische Seite des Polizeirechts in einzigartiger Weise. Dem Benutzer liegt eine umfangreiche Kommentierung des bayerischen Polizeirechts vor. Der Schwerpunkt der Darstellung liegt auf dem Bayerischen Polizeiaufgabengesetz und berücksichtigt u.a. eingehend die wichtigen Bereiche „Befugnisse der Polizei“, „Datenerhebung und Datenverarbeitung“ und „Rechtsschutz gegen polizeiliche Maßnahmen“. Die Kommentierung ist aber unbeschadet dessen auch über Bayern hinaus von hohem Interesse.

Die Neuauflage beinhaltet vor allem

  • das Gesetz zur effektiveren Überwachung gefährlicher Personen vom 24.7.2017,
  • das Gesetz zur Neuordnung des bayerischen Polizeirechts (PAG-Neuordnungsgesetz) vom 18.5.2018
  • das Gesetz zur Errichtung der Bayerischen Grenzpolizei vom 4.7.2018 und
  • das Gesetz zur Änderung der Bestimmungen zu automatisierten Kennzeichenerkennungssystemen (AKE-Änderungsgesetz) vom 10.12. 2019, das am 1.1.2020 in Kraft trat.

Bereits die Aufzählung zeigt, dass sich das bayerische Polizeirecht – in NRW ist es nicht wesentlich anders – seit der Vorauflage erheblich verändert hat, wobei ein Trend zu erweiterten Eingriffskompetenzen zu verzeichnen ist, der letztlich auch zu mehr Verantwortung führt. Durch die gesamte Darstellung ziehen sich aufgrund der DSGVO und der sie begleitenden Gesetze, datenschutzrechtliche Fragen, vor dem Hintergrund europäischer Anforderungen. Dies wirft auch Fragen hinsichtlich des Gefahrenbegriffes auf, auf die unter Art. 11, Rdrn. 170 ff im Detail eingegangen wird. Ohnehin machen die Autoren eine deutlich vernachlässigte Perspektive des Opferschutzes in diesem Bereich aus, der in dieser Auflage noch stärker akzentuiert wird.

Das Werk enthält auch sämtliche Änderungen, die durch das Gesetz zur Neuordnung des bayerischen Polizeiaufgabengesetzes (PAG-Neuordnungsgesetz) vom 18. Mai 2018 in das PAG aufgenommen wurden. Zudem wurde auch das Gesetz zur Errichtung der Bayerischen Grenzpolizei vom 24. Juli 2018 berücksichtigt.

Die Neuauflage geht auch auf eine weitere Novelle des Polizeiaufgabengesetzes ein und ist sehr aktuell. Ein Schwerpunkt der Neuauflage liegt unter anderem beim Missbrauchspotential der virtuellen Welt und der Cyperkriminalität, die freiheitsbedrohenden Charakter angenommen haben und auch präventiv bekmäpft werden müssen.

Des Weiteren steht die neu eingeführte Rechtsfigur der „drohenden Gefahr“ auf dem Prüfstand. Die seit der Vorauflage ergangene Rechtsprechung zum Polizeirecht ist berücksichtigt. Das Werk hat den Stand vom 07.01.2020.

Der Kommentar richtet sich gleichermaßen an die Praxis, an Studenten auch der Polizeifachhochschulen natürlich und an die Wissenschaft.

Durchgehend werden die Bezüge zur bayerischen Verfassung und zum Grundgesetz hergestellt. Die Kommentierung plädiert für ein modernes gleichermaßen freiheits – wie sicherheitsorientiertem Polizeirecht unter Berücksichtigung der bayerischen Besonderheiten.

Der Anhang enthält etwa auch das “Schengener Abkommen”. Ohnehin wird auch auch die Immigrationsproblematik und die Aufgaben an der Grenze näher eingegangen. Die Perspektive des Europarechts und dessen Einflüsse auf das Sicherheitsrecht werden durchgehend und sehr intensiv einbezogen.

Der äußerst vielschichtige und interessante Kommentar bietet eine herausragende Darstellung der Grundlagen des bayerischen Sicherheitsrechts und ist auch für andere Bundesländer von Interesse.

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