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Rezensionen juristischer Literatur

Kompaktkommentar zu wesentlichen Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes

Häberle/Lutz/Infektionsschutzgesetz, Erstauflage, 2020, C.H.Beck

 

Eine Rezension zu:

Abbildung von Häberle / Lutz | Infektionsschutzgesetz: IfSG | 2020 | Gesetz zur Verhütung und Bekäm...

Peter Häberle/Hans-Joachim Lutz

Infektionsschutzgesetz

Erstauflage

Reihe: Beck’sche Kompaktkommentare

München: C.H.Beck, 2020, 125 Seiten, 29,00 Euro inkl. Mwst.

ISBN 978-3-806-75924-6

www.beck-shop.de

Als das Infektionsschutzgesetz das Bundesseuchengesetz abgelöst hat, war die Diskussion eher reinen Fachkreisen vorbehalten. Das Bundes-Seuchengesetz vom 18. Juli 1961 setzte andere Aspekte, da mit Seuchen insbesondere Geschlechtskrankheiten in Verbindung gebracht wurden. Allerdings gingen in den Gesetzgebungsprozess durchaus die Erfahrungen mit der sog. „Spanischen Grippe“ um 1920 ein. Das Bewusstsein um die Gefahren von Seuchen war bereits in den 50 Jahren vorhanden. Die Katasstrophenschutzorganisationen hatten auch Pläne entwickelt für solche Fälle. Das Bundesseuchengesetz war ein Gesetz zur Bekämpfung zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten beim Menschen.  Bereits im Jahr 1900 war ein Reichsseuchengesetz veranschiedet worden. Das BSeuchG trat am 1. Januar 2001 außer Kraft und wurde durch das Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz) abgelöst. Ziel des Gesetzgebungsprozess war es das gesamte, im Wesentlichen aus den 1950er und 1960er Jahren stammende Seuchenrecht umfassend zu novelliert und durch effektive Maßnahmen zu deren Bekämpfung zu ersetzen. Das in diesem Gesetz auch ein Notstandsregime enthalten war, war seinerzeit nur wenigen bewusst geworden. Bereits damals war aber in der Literatur deutlich, dass es sich bei den Eingriffkompetenzen um hochsensible grundrechtsrelevante Eingriffe handelte, die insbesondere am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel zu messen sein würden. Nicht zuletzt diese Fragen beschäftigen die aktuelle „Corona-Rechtsprechung“, dokumentiert in der beim gleichen Verlag jetzt neu herausgegebenen Zeitschrift „Covid-19 und Recht„.

Das Infektionsschutzgesetz hat im Zuge der Coronavirus-Pandemie das öffentliche Leben in Deutschland seit März 2020 erheblich verändert und das Bewusstsein für Pandemien gestärkt. Dabei treten rechtspolitische und rechtliche Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der aktuellen Maßnahmen in ganz Europa und den betroffenen Teilen der Welt immer offener zu Tage. Grund genug, sich mit der hier zentralen Rechtsgrundlage zu beschäftigen.

Die derzeit noch aktuellen aber icn Lockerung befindlichen Maßnahmen wie Schließungen von Gastronomiebetrieben und Geschäften sowie Ausgangs- und Kontaktsperren, wie sie bisher nur aus totalitären Regimen in Unruhezeiten bekannt waren, finden seit März 2020 ihre Rechtsgrundlagen im Infektionsschutzgesetz als der Regelung eines Ausnahmezustandes.

Die hier vorgelegte Kommentierung erläutert das Gesetz nicht vollständig. Insbesondere werden die Entschädigungsansprüche – so es effektiv welche geben sollte – hier nicht erläutert. Der Auszug der Kommentierung aus Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze (dort S. 57) beschränkt sich auf die Erläuterung jener Vorschriften die Relevanz für die Bußgeld- und Straftatbestände in §§ 73 bis 75 dieses Gesetzes Relevanz aufweisen sowie diese selbst. Derartige Verfahren gibt es derzeit reichlich – etwa bei Öffnungen eines Betriebs in Nichtbeachtung einer Allgemeinverfügung – und die Betroffenen haben Anrecht auf eine qualifizierte Verteidigung, für die dieser Sonderdruck eine Informationsquelle ersten Ranges ist. Die Bedeutung eines verwaltungsakzessorischen Strafrechts zeigt sich hier in besonders bedeutsamer Art und Weise. Namentlich die Meldepflichten spielen hier eine bedeutsame Rolle.

Die knappe, aber sehr interessante Vorbemerkung stellt die Zusammenhänge her, da Bundesrecht, Landesrecht und Kommunalrecht hier in einer besonders intensiven Art und Weise miteinander verbunden sind und für Betroffene auch schwer zu verstehen sind. Dies zeigt sich besonders bei der Bußgeldvorschrift des § 73 Abs.1a Nr.6 iVm. § 28 Abs.1 S.1 dieses Gesetz hinsichtlich des Zuwiderhandelns gegen Allgemeinverfügungen und Rechtsverordnungen, ergünzt durch die Strafvorschrift des § 75 Abs.1 Nr.1 iVm. § 28 Abs.1 S.2 dieses Gesetzes, der etwa am 1. Mai in Berlin bei den Demonstrationen sehr relevant geworden ist.

Der vorliegende Kommentar enthält eine kompakte und gut lesbare Erläuterung der genannten Vorschriften im Sinne einer „praktischen Konkordanz“ in einem wohlverstandenen Interessenausgleich. Da diese Materie zuvor in der Praxis kaum eine Rolle gespielt hat, mussten die Kommentatoren mangels zur Verfügung stehender Rechtsprechung bei Redaktionsschluss weitgehend  eigene Lösungen präsentieren, die der Praxis und der Rechtsprechung erhebliche Anstöße geben werden. Das RKI warnt bereits vor einer „zweiten Welle“, so dass dieses Thema uns möglicherweise auf Jahre beschäftigen wird.

Der Verlag legt hier eine absolut aktuelle Kommentierung des Infektionsschutzgesetzes auf neuestem Stand vor, in das auch bereits das Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 27.3.2020 eingearbeitet ist, dass wie alle Gesetze der letzten Woche unter erheblichem Zeitdruck verfasst und verabschiedet werden musste. Ein Schwerpunkt der Darstellung liegt auf den zu erwartenden Bußgeldern und den Straftatbeständen des IfSG.

Das Werk richtet sich an Richter, Rechtsanwälte, Staatsanwälte, Polizeibehörden, Ordnungsämter, Ministerien und alle sonst Interessierten.

Die neue Kommentierung ist der jetzigen Situation eine Informationsquelle der allerersten Wahl!

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