A. Kießling (Hrsg.), Infektionsschutzgesetz. Kommentar, Erstauflage, 2020, C.H.Beck
Eine Rezension zu:
Andreas Kießling (Hrsg.)
Infektionsschutzgesetz – IfSG
Kommentar
Das Werk ist Teil der Reihe: Gelbe Erläuterungsbücher
Erstauflage
München: C.H.Beck, 2020, Buch. XLII, 564 S., 99,00 Euro (inkl. MwSt.)
ISBN 978-3-406-76018-1
Das IFSG ist erst durch die COVID-19-Krise einer größeren Öffentlichkeit bekannt geworden, so dass diese Neuauflage von höchster Aktualität ist. Der neue Kommentar erläutert das gesamte IFSG mit den Meldepflichten und der epidemologischen Überwachung, den Präventionsnormen und Präventionsmaßnahmen, den Bereich der Tätigkeit mit Krankheitserregern und dem im Detail sehr umstrittenen Thema der Entschädigung in besonderen Fällen. Der Zeitpunkt des Erscheinens dieses Kommentar kann nur begrüßt werden.
Die interessante Einführung dient der Klärung der Gesetzgebungsgeschichte vom Bundesseuchengesetz zum IfSG und erläutert auch die mit der Einführung verbundenen, geänderten Konzeption. Hier werden auch jene Gesetze aufgezeigt, die das IfSG ergänzen. Ohnehin führt die Gesetzesanwendung zu einer komplexen, für Bürger schwer nachvollziehbaren, Rechtsanwendung, bei der Bundesrecht, Landesrecht und Kommunalrecht ineinander greifen. Die Einführung macht sich auch die Mühe, zu erklären, welche Bedeutung der Begriff Pandemie für das IFSG hat, deren Ausweitung zur Anwendung des Kastastrophenschutzrechtes führen kann. Die Rolle der WHO wird eingehend dargestellt, die bislang sechs Pandemien von internationaler Bedeutung festgestellt hat. Diese Feststellung wird aber nach dem IFSG autonom in Deutschland mit anderen Begriffsbestimmungen getroffen.
Der Kommentar weist vor den einzelnen Abschnitten des IFSG zahlreiche Vormerkungen auf, die den Zusammenhang der jeweiligen Regelungen in einen systematischen Zusammenhang stellen. Der zentrale Begriff des IFSG ist die Annahme einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite in deren Zusammenhang dem Robert – Koch – Institut als Bundesbehörde zentralen Kompetenzen zukommen, die in § 4 des IFSG geregelt sind. Die neu eingefügte Berichtspflicht zur COVID-19 – Krise ist bereits kommentiert. Die Kommentierung geht auch bereits auf das Masernschutzgesetz ein und berücksichtigt eingehend die beiden Änderungsgesetze des IFSG durch das Erste und Zweite Gesetz zur epidemischen Lage von nationaler Tragweite, deren Voraussetzungen in § 5 geregelt werden und deren Feststellung eines Bundestagsbeschlusses bedarf. Dieser § 5 ist eine der zentralsten Normen dieses Gesetzes und enthält die sehr weitreichenden Eingriffskompetenzen für den Fall dieser Feststellung, die bereits im Gesetzgebungsverfahren teilweise zu Bedenken unter verfassungsrechtlichen Aspekten geführt haben, auch angesichts des problematischen Verhältnisses zum Recht der Bundesländer. Die Kommentierung äußert insoweit auch Bedenken hinsichtlich einer Vereinbarkeit mit Art. 83 GG. Die verfassungsrechtlichen Fragen werden in diesem Kommentar im Detail aufgegriffen.
Der Kommentar ist sehr kritisch und greift alle Auslegungsprobleme auf. In aller Regel wird der jeweilige Regelungsbereich der Norm dargestellt und sodann folgt ein Abschnitt „Kritik“. Das Meldewesen und die sehr weitreichenden Bußgeldvorschriften werden nicht aus der Sicht des Infektionsrechts, sondern auch des Datenschutzrechts und des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts dargestellt.
Es gibt kaum ein Gesetz in Deutschland, dass für den Einzelnen größere Einschnitte bewirken kann. Dies zeigt sich etwa im 5. Abschnitt zu den Bekämpfungsmaßnahmen, die bei einem positiven Test bis hin zu einem Berufsverbot führen kann. Erfasst werden aber Überwachungen in Einrichtungen zu Wasser und zu Lande. Auf alle Eingriffskompetenzen wird eingegangen.
Der 10. Abschnitt regelt den Vollzug, den der Bund nicht über Bundesbehörden vornimmt, sondere insbesondere über Landesbehörden, ggf. durch die Bundeswehr und natürlich auf Bahnstrecken durch das Eisenbahn – Bundesamt. Die Kommentierung des § 54 IFSG fasst die einschlägigen landesrechtlichen Regelungen zusammen.
Intensiv eingegangen wird auf die entschädigungsrechtlichen Normen, zu denen Rechtsprechung weitgehend fehlt, weil von den zentralen Eingriffsnormen des IFSG vor dieser COVID-19 – Krise kaum Gebrauch gemacht wurde, weder bei Ebola noch bei der letzten Influenza – Epidemie. Diese Spezialnormen werden systematisch in das Verhältnis mit anderen Entschädigungsnormen außerhalb des IFSG gebracht. Da die Entschädigungsregelung des § 56 IFSG erhebliche Auslegungsprobleme aufwirft, werden die bislang entwickelten Lösungsmodelle kritisch bewertet und diskutiert.
Der Kommentar geht intensiv auf die spezifischen Straf – und Bußgeldvorschriften des IFSG und ihre Verbindungen mit den allgemeinen Vorschriften ein.
Dieser Kommentar erscheint zum richtigen Zeitpunkt und bietet eine entscheidende Informationsquelle für alle, die mit dem IFSG und den damit zusammenhängenden Normen arbeiten müssen.