Münchener Kommentar zum BGB: Band 11: Erbrecht, 9. Aufl., 2022, C.H.Beck
Eine Rezension zu:
Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch: BGB
Band 11: Erbrecht (§§ 1922 – 2385; §§ 27 – 35 BeurkG)
Kommentar
9. Auflage 2022, Buch, XLVII, 2538 S. Hardcover (In Leinen), 319,00 Euro inkl. MwSt.
– nur als Gesamtwerk beziehbar –
Bandredakteurin: Dr. Sibyille Kessel – Wulf, Richterin am BVerfG
ISBN 978-3-406-76679-4
Die Kommentierungen bieten insbesondere für schwierige Problemfälle – die nicht so selten sind – einen hohen Praxisnutzen, bei einer seit der Erstauflage anhaltenden, hohen wissenschaftlichen Reputation. Die Kommentierung ist bekanntlich auch eine sehr verlässliche Zitatquelle. Ziel aller Kommentierungen ist die Präsentation realitätsnaher Lösungsvorschläge.
Das Erbrecht ist – auf den ersten Blick – vom Normenbestand her zwar eine eher statische Materie. Nichtsdestoweniger ist dieses Rechtsgebiet aufgrund seiner zahlreichen Interdependenzen mit anderen Materien von einer Dynamik, die dieses Rechtsgebiet faszinierend macht. In dieser Auflage galt es, zu den §§ 1922-2385 BGB lediglich das Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen vom 17.7.2017 mit den Neuerungen in §§ 2275, 2282, 2284, 2290, 2296 und 2347 zu berücksichtigen. Allerdings haben sich erhebliche Änderungen in der Rechtsprechung ergeben, die in dieser Auflage minutiös ausgewertet wird.
Die Neuauflage berücksichtigt bereits vorausschauend folgende Änderungen:
- Erweiterung der unionsrechtlichen Bezüge
- Einarbeitung des Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts 2023
- Berücksichtigung der künftigen Änderungen durch das MoPeG 2024
- Hinweise auf die Änderungen durch die Stiftungsreform 2023/2026.
Die Neuauflage berücksichtigt damit zahlreiche Änderungen von Vorschriften, die mit dem Erbrecht korrespondieren und die insbesondere in der Vertragsgestaltung enormen Einfluss aufeinander haben, was sich beim MoPeG noch deutlich zeigen wird. Ohnehin berücksichtigt die Neuauflage generell alle bereits bekannten Regelungen im Zusammenhang mit dem Erbrecht, die noch in Kraft treten werden, wie das Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts zum, 01.01.2023. Nichts anderes gilt für das neue Stiftungsrecht, dass am 01.07.2023 in Kraft treten wird, soweit nicht Vorschriften zum 01.01.2026 in Kraft treten werden.
Besonders hervorzuheben sind darüber hinaus die Ausführungen zum digitalen Nachlass und zu den erheblichen Änderungen im notariellen Beurkundungsrecht. Besonders intensiv berücksichtigt werden die Bezüge zwischen dem Erbschaftssteuerrecht und dem Erbrecht, zumal das Erbschaftssteuerrecht die Praxis der Errichtung der Verfügungen von Todes wegen intensiv prägt. In der fast 100 Seiten umfassenden Einleitung von Prof. Leipold werden alle diese Bezüge deutlich. Diese Einleitung stellt eine der profundesten Zusammenfassungen der Grundlinien des deutschen Erbrechts dar, unter Berücksichtigung der Geschichte des deutschen Erbrechts und der verfassungsrechtlichen Grundlagen sowie des geltenden Erbschaftssteuerrechts mit Steuerfestsetzung und Erhebung.
Den Kommentierungen sind Übersichten vorangestellt, die die Handhabung deutlich erleichtern. Die Aktualisierungen sind sehr weitgehend, aber das Pflichtteilsrecht ist nahezu völlig neu kommentiert, wobei auch die sich hier stellenden Bewertungsfragen noch umfassender erläutert werden als dies bisher der Fall war. Vor den Abschnitten finden sich Einleitungen, die übergreifende Aspekte darstellten, so etwa für die schwierigen Regelungen des Erbvertrages, einer deutschen Besonderheit.
Herausgearbeitet werden insbesondere die Schnittstellen zum Gesellschaftsrecht, zum neuen Vormundschafts- und Betreuungsrecht sowie zum internationalen Recht (EuErbVO), das das IPR des Erbrechts vollständig erneuert hat und einen Systemwechsel bedeutet, der gerade im Auswanderungsfall berücksichtigt werden sollte.
Die ausgezeichnete Kommentierung bietet eine ausgezeichnete Erläuterung aller aktuellen Tendenzen des Erbrechts.