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Rezensionen juristischer Literatur

Rechtshandbuch Smart Contracts

Braegelmann/Kaulartz (Hrsg.), Rechtshandbuch Smart Contracts, Erstauflage, 2019, C.H.Beck

Eine Rezension zu:

 Abbildung von Braegelmann / Kaulartz | Rechtshandbuch Smart Contracts | 2019

Tom Braegelmann/Markus Kaulartz (Hrsg.)

Rechtshandbuch Smart Contracts

Erstauflage

München: C.H.Beck, 2019, 274 vS., 89,00 Euro inkl. MwSt.

ISBN 978-3-406-73434-2

www.beck-shop.de

Unter Smart Contracts (auf dtsch.: intelligente Verträge) werden Verträge verstanden, die auf Computerprotokollen basieren und hinsichtlich ihrer Funktionsweise von der Codeprogrammierung abhängen. Es handelt sich dabei um rein digitale Verträge, die mehr oder weniger auf der Blockchain-Technologie aufbauen. Das neue Handbuch zu diesem Thema verwendet den Begriff »Smart Contracts« technikneutral und unabhängig von der Blockchain-Technologie, ohne die Bezüge zu vernachlässigen.

Smart Contracts sind zwar durchaus vergleichbar mit herkömmlichen Verträgen, haben aber auch ihre Grenzen. Viele Erwartungen haben sich bereits als Illusion erwiesen. Allerdings ist die Entwicklung technisch offen und wird weiter optimiert. Diese Technologie wird von einigen Blockchain-Plattformen angeboten, wie Ethereum, Ripple und Mastercoin, jeweils auf Basis einer Blockchain. Die Eigenart dieser digitalen Verträge besteht darin, dass die ausgehandelten Vertragsbedingungen zwischen den Vertragspartnern – die Technologie ist für ein Vielzahl von Verträgen einsetzbar –  direkt in die Codezeilen geschrieben werden und dezentrales Netzwerk verteilt werden. Diese Art der Netzwerk – Kommunikation ermöglicht auch eine Durchführung zwischen anonymen Parteien, ohne Notwendigkeit einer Kontrollinstanz. Es liegt auf der Hand, dass hier auch Risiken liegen, etwa im Zusammenhang mit der Geldwäscherei.

Die Technologie ist nicht so neu, wie es scheint, denn Smart Contracts wurden erstmals 1993 von dem Computerwissenschaftler Nick Szabo, einem Kryptografen, beschrieben, der erkannt hatte, dass solche Verträge im Rahmen eines Blockchain – Netzwerkes betrieben werden können. Die Vertragsstrukturen werden vollständig digitalisiert und enthalten – mit gewissen Grenzen, etwa für Leistungsstörungen – die gleichen Informationen, wie herkömmliche Verträge. Der Code ist dabei entscheidend für die Funktionen, im Sinne von “Wenn-Dann-Regeln”. Die Informationen über den Eintritt der Bedingungen erfolgen in Echtzeit ähnlich wie bei der Bitcoin – Architektur. Erforderlich ist allerdings, dass die Vertragsparteien sich auf eine Programmiersprache verständigen, etwa auf Solidity.

Das neue Handbuch betritt für Deutschland Neuland und enthält sehr fundierte Beiträge aus Recht, Wirtschaft und Informatik sowie zahlreiche Praxisbeispiele. Es zeigt die Einsatzmöglichkeiten ebenso wie die derzeitigen Grenzen auf.

Mit dem Einsatz dieser Technologie werden Privatpersonen, KMUs und Rechtsabteilungen durch den technischen Fortschritt in die Lage gebracht, die Erfüllung und Durchsetzung von Verpflichtungen durch Codes zu automatisieren und damit eine bessere Einhaltung von Verträgen und Gesetzen zu gewährleisten, da eine Abweichung bei Bedingungseintritt praktisch nicht möglich ist, es sei denn es läge ein Programmierfehler vor. Insoweit ergeben sich auch erhebliche Haftungsrisiken. Dabei hat die Programmierung auch eine nicht codebasierte Umgebung: den die Parteien müssen sich über die digitalen Vertragsinhalte zuvor verständigen, was bereits Vertragscharakter hat. Die vertragsrechtslose Ausführung von Verträgen ist  eine Illusion, wie in diesem Handbuch auch thematisiert wird, das Pionierarbeit für Deutschland leistet.

Das Handbuch besteht aus 19 Kapiteln und beschäftigt sich nach einer Einführung in die Thematik notwendig aus der Sicht der Informatik mit den technologischen Voraussetzungen der Ausführung von Smart Contracts. Eingehend informiert wird über die Struktur von P2P-Netzwerken, Kryptographie und Blockchains, über die Tokenisierung, den ERC20-Standard und das technische Konzept von Smart Contracts. Technisch betrachtet sind Smart Contracts” “deterministische, zustandsbasierte interaktive Programme auf persistenten Daten, die in einer standardisierten Ablaufumgebung ausgeführt werden” (S.56). Mit dieser Technologie sind auch erhebliche Kosten verbunden. Weiter informiert wird der Leser über die technischen Interpretationen, um sodann in Kapitel 6 ein Code – Beispiel vorzustellen bei die Tokens Tickets für eine Veranstaltung repräsentieren und in dem Smart Contract natürlich auch der Preis festgesetzt wird. Dieses Kapitel leitet über zu Praxisbeispielen in Kap. 7 , etwa im Zusammenhang mit der FX-Abwicklung bei Währungsgeschäften.

Die Kapitel 8 – 19 gehen intensiv auf Rechtsfragen ein, ohne hier abschließende Antworten geben zu können. Stattdessen werden die erkannten Rechtsprobleme präzise beschreiben und Lösungsvorschläge für erkannte Probleme entwickelt. Es geht dabei etwa um den Stellenwert der Privatautonomie, unter Einschluss des AGB – Rechts. Es liegt auf der Hand, dass diese Technologie für den B2B – Bereich eher geeignet ist, als für den B2C – Bereich, daher werden die damit zusammenhängen Probleme eingehend erörtert, was für den Verbraucherschutz eingehend in Kap. 11 vertieft wird.

Ausführlich geht das Kapitel 10 auf fehlerhafte Smart – Contracts, ausgehend von dem Projekt DAO im Kapitalanlagebereich als Beispiel ausgehend, dass erheblichen Angriffen ausgesetzt war. Das Kapitel geht auf alle denkbaren Angriffsformen und deren Prävention mit technischen und rechtlichen Mitteln ein, wobei auch die Frage von Zulassungsverfahren de lege ferenda eingegangen wird.

Eingehend wird auch die Frage des anwendbaren Rechts erörtert, da diese Technologie an keine Grenze gebunden ist, wobei besonders die möglichen Anknüpfungen nach der ROM-I-VO thematisiert werden. Weiter erörtert werden Aspekte der Intellectual Property und der Tokenisierungen sowie die in erheblichem Umfang gegebene Problematik des Art. 22 DSGVO hinsichtlich der automatisierten Entscheidungen. Dies leitet über zu Regulisierungsaspekten, die sich je nach Einsatz anders darstellen können. Erörtert werden auch komplexe Einsatzformen mit entsprechenden Risiken wieder am Beispiel des DAO sowie insolvenzrechtliche Fragestellungen und alternative Konfliktlösungsmöglichkeiten und Schiedsverfahren im letzten Kapitel.

Die derzeit vorhandenen praktische Anwendungsfälle von Smart Contracts, etwa bei der Vermietung von Autos und Wohnungen, in der Versicherungs- sowie in der Finanzdienstleistungsbranche sind in die jeweiligen Kapitel integriert.

Das wegweisende und sehr interessante Handbuch beschreibt auf dem aktuellen Stand Möglichkeiten und Grenzen des Einsatzes von Smart Contracts und leistet insoweit Pionierarbeit.

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